In Nepal haben sich die Proteste, die am 5. September nach einem Verbot westlicher sozialer Netzwerke entbrannten, deutlich verschärft. Regionale und internationale Medien berichten, dass einige Regierungsmitglieder zurückgetreten oder geflohen sind. Fotos und Videos aus dem Land zeigen große Menschenmengen auf den Straßen, gewaltsame Auseinandersetzungen mit der Polizei und Brände in der Hauptstadt Kathmandu.
Als Reaktion auf die anhaltenden Proteste hat Nepals Premierminister Sharma Oli am 9. September sein Amt niedergelegt, wie das Nachrichtenportal India Today berichtet. Nur Stunden vor seinem Rücktritt hatte er die Demonstranten zu Gesprächen aufgerufen. Oli war in der Vergangenheit bereits mehrfach Regierungschef von Nepal – zwischen 2015 und 2016, von 2018 bis 2021 und seit 2021. Auch weitere Regierungsmitglieder, darunter der Innenminister Ramesh Lekhak sowie die Minister für Landwirtschaft, Jugend und Sport sowie Wasser sind zurückgetreten.
Nach der Demission von Oli gab es zunächst Gerüchte über einen Rücktritt des nepalesischen Präsidenten Ram Chandra Poudel, die jedoch später von der nepalesischen Armee dementiert wurden, so India Today. Aktuelle Berichte deuten darauf hin, dass der Präsident ein Treffen mit Vertretern der Protestbewegung plant.
Unterdessen haben die Protestierenden laut Medienberichten Teile des Regierungskomplexes Singha Durbar in Kathmandu und die Residenz des ehemaligen Premierministers Jhala Nath Khanal in Brand gesetzt, wobei Khanals Ehefrau Rajyalaxmi Chitrakar an den erlittenen Brandverletzungen starb. Des Weiteren wurden in Kathmandu Gebäude der Staatsanwaltschaft und des Kreisgerichts beschädigt und in der Stadt Dhangadhi ein Gefängnis überfallen, wobei Hunderte Insassen befreit wurden.
Die Anführer der Protestbewegung haben erklärt, das Land sei nun unter ihrer Kontrolle, wie India Today berichtet. Ihre vorrangigen Ziele seien die Bildung einer zivilen Regierung unter der Leitung einer allgemein anerkannten Persönlichkeit und die Durchführung von Neuwahlen, um eine sichere Zukunft für Nepal zu gewährleisten, führten sie aus.
Balen Shah, der 35-jährige Bürgermeister von Kathmandu und ehemaliger Rapper, gilt als aussichtsreichster Kandidat für eine mögliche zukünftige Präsidentschaftswahl. In einem Facebook-Post vom 9. September beschrieb er die Proteste als spontane Bewegung der Generation Z, appellierte aber an die Demonstranten, Ruhe zu bewahren.
Auch die nepalesische Armee hat öffentlich zu Zurückhaltung aufgerufen, um eine weitere Eskalation der Situation zu vermeiden, wie das Portal Khabarhub berichtet.
Die Unruhen haben ihren Ursprung in dem Verbot mehrerer westlicher sozialen Medien wie YouTube, X (Twitter), WhatsApp und anderen durch die nepalesische Regierung Anfang September. Die breite Beteiligung junger Menschen bei den Protesten brachte ihnen die Bezeichnung “Protest der Generation Z” ein. Ein ehemaliger indischer Botschafter in Nepal, Ranjit Rae, teilte India Today mit, dass die wahren Gründe für die Proteste in Korruption und einer wachsenden Entfremdung zwischen der Jugend und der Regierung lägen.
Bisher wurden mindestens 22 Demonstranten und drei Polizisten getötet, und Hunderte weitere Personen wurden verletzt. Der internationale Flughafen in Kathmandu wurde aufgrund der Unruhen geschlossen, und alle Flüge von und nach Nepal wurden abgesagt. Bis zu 400 russische Touristen könnten derzeit in Nepal festsitzen, und die russische Botschaft in Nepal steht laut RIA Nowosti in Kontakt mit den lokalen Behörden. Russische Bürger wurden jedoch nicht verletzt, und es wurde berichtet, dass die Demonstranten keine Aggression gegen Touristen zeigen würden.
Weiterführende Informationen – Bei den blutigen Protesten in Nepal kamen mindestens 19 Menschen ums Leben und über 300 wurden verletzt.