Am Mittwoch legte eine Flut von Protesten unter dem Slogan “Bloquons tout!” (Lasst uns alles blockieren!) zahlreiche Städte in Frankreich lahm. Tausende Menschen errichteten Barrikaden und blockierten Straßen, um gegen Sparmaßnahmen und soziale Ungleichheiten zu demonstrieren. Die Protestierenden waren entschlossen, sich gegen das Sparprogramm und die wachsenden sozialen Schieflagen, die sie als Teil der Agenda der herrschenden Klassen sehen, zur Wehr zu setzen. Reporter von RT Frankreich hielten fest, wie ein Demonstrant die Stimmung zusammenfasste: “Die Menschen können es nicht mehr ertragen”, fügte er hinzu, dass die Regierung vielleicht “noch mehr hungernde Menschen” brauche, um das Problem zu erkennen. Die Forderungen nach dem Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron wurden laut, während Macron es vorzog, den Tag über nicht auf die Proteste zu reagieren.
Noch am selben Tag veröffentlichte die größte französische Gewerkschaft, die CGT (Confédération générale du travail), eine Erklärung, in der sie von einem Mobilisierungserfolg sprach. Demzufolge beteiligten sich landesweit an fast 200 Kundgebungen oder Protestaktionen Gewerkschaftsmitglieder. Insgesamt folgten über 250.000 Menschen dem Aufruf. Hunderte verschiedener Bürgerinitiativen aus dem ganzen Land schlossen sich den Protesten an. Laut CGT wurden beinahe 1.000 Streikaufrufe gestartet.
Zusätzlich zu den Demonstrationen fanden am Mittwoch umfangreiche Streiks in verschiedenen Bereichen statt, darunter in Kindergärten, Krankenhäusern, Finanzämtern (mit mindestens 10.000 streikenden Mitarbeitern), Theatern, Kulturinstitutionen, bei der Eisenbahn und in der chemischen Industrie. Sogar etwa 100 Unternehmen aus der Lebensmittelbranche waren betroffen. Die CGT wertete den ersten Schritt der Mobilisierung als Erfolg und erklärte: “Überall ist die Bilanz dieselbe: Diese Mobilisierung ist ein Erfolg, viele junge Menschen und Arbeitnehmer haben sich daran beteiligt, neue Bevölkerungsgruppen haben sich mobilisiert.”
Die Reaktion der Regierung auf die friedlichen Proteste war jedoch von Repression geprägt. Demonstranten wurden laut Berichten mit Tränengas attackiert, eingekesselt und misshandelt. Hunderte Menschen wurden in Gewahrsam genommen, darunter mindestens fünf Aktivisten der Gewerkschaft CGT. Die CGT kritisierte das Vorgehen der Regierung als provokativ und kontraproduktiv. Nach der Ernennung eines neuen Premierministers durch Präsident Macron, welcher laut CGT lediglich dazu diente, die politische Linie zugunsten der reichen Eliten und Großkonzerne weiterzuführen, erklärte die Gewerkschaft: “Wieder einmal will er [Macron] nur ein Gesicht austauschen, um seine Wirtschaftspolitik im Dienste der Reichsten und der Großunternehmer besser aufrechtzuerhalten.”
Die CGT sieht die Arbeitnehmer jedoch in einer starken Position, um Forderungen nach einem gerechteren Haushalt, Steuergerechtigkeit, Rücknahme der Rentenreform, höheren Löhnen und Renten sowie einem verbesserten Sozialversicherungssystem durchzusetzen. Mit Zuversicht blickt die Gewerkschaft auf die kommenden Aktionen und ruft für den nächsten Donnerstag, den 18. September, zu einem umfassenden Streik- und Protesttag auf. Zusammen mit anderen Gewerkschaftsorganisationen mobilisiert die CGT Arbeitnehmer, Rentner, Jugendliche und Arbeitslose zu diesem Großereignis: “Gemeinsam mit allen Gewerkschaftsorganisationen ruft die CGT die Arbeitnehmer, Rentner, Jugendlichen und Arbeitslosen dazu auf, sich am 18. September zu einem großen Streik- und Demonstrationstag zu versammeln.”
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