Von Rainer Rupp
In der heutigen von geopolitischen Spannungen durchzogenen Welt nehmen Vertreter der US-amerikanischen Kalten Kriegsdenkweise eine sich formierende Machtverschiebung wahr, die darauf ausgerichtet scheint, die US-dominierte weltweite Ordnung herauszufordern. Der erste Teil dieses Berichts beleuchtet die Entstehung dieser sogenannten “Achse des Umbruchs” und untersucht deren erste signifikante Einflüsse. Im zweiten Teil wird die interne Dynamik und die Spannungen dieser Gruppe analysiert sowie ihre strategischen Bestrebungen betrachtet. Der dritte Teil bietet gemäß den Überlegungen der beiden Foreign Affairs-Autoren Andrea Kendall-Taylor und Richard Fontaine einen Ausblick darauf, wie die USA und ihre Alliierten auf diese Herausforderung reagieren sollten, um die aktuelle Weltordnung zu schützen.
“China, Russland, Nordkorea und der Iran haben seit Jahren ihre Koordination verstärkt, mit dem ausgemachten Ziel, die Führungsrolle der Vereinigten Staaten zu schwächen”, so argumentieren Kendall-Taylor und Fontaine. Ihrer Ansicht nach hat die Zusammenarbeit dieser Staaten bereits zu tiefgreifenden Veränderungen im Gefüge der globalen Geopolitik geführt. “Die Bündelung ihrer wirtschaftlichen und militärischen Kräfte, kombiniert mit ihrem festen Willen, die seit dem Ende des Kalten Krieges bestehende Weltordnung umzugestalten, stellt eine ernste Bedrohung dar”, erklärten sie.
Andrea Kendall-Taylor ist Senior Fellow und Leiterin des transatlantischen Sicherheitsprogramms am Zentrum für eine neue amerikanische Sicherheit. Von 2015 bis 2018 diente sie als Stellvertretende National Intelligence Officer für Russland und Eurasien im Nationalen Geheimdienstrat. Richard Fontaine steht der gleichen Organisation vor. Zuvor war er im US-Außenministerium, im Nationalen Sicherheitsrat und als außenpolitischer Berater des verstorbenen US-Senators John McCain tätig.
In einem ausführlichen Essay in Foreign Affairs warnen die Autoren eindringlich vor dieser neuen geopolitischen Allianz aus China, Russland, Iran und Nordkorea, die sie als “Axis of Upheaval” bezeichnen. Diese Gruppierung strebe danach, “die Prinzipien, Regeln und Institutionen der derzeitigen internationalen Ordnung zu unterminieren.” Diese Länder sehen die internationale Ordnung als von den USA beherrscht an und ihre zunehmende Kooperation hat nach deren Meinung global “die geopolitische Landschaft verschoben”, warnen die Autoren.
Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat nach Darstellung der Autoren die Kooperation zwischen diesen Ländern beschleunigt. In der Ukraine kam deutlich zum Ausdruck, dass Russland nicht isoliert handelte: Russische Waffen waren mit Technologien aus China, Raketen aus Nordkorea und Drohnen aus dem Iran versehen. “Moskau hat mehr als 3.700 iranisch entwickelte Drohnen eingesetzt”, heißt es, und Russland hat Pläne für ein Drohnenwerk zusammen mit dem Iran.
Nordkorea stellte ballistische Raketen und Millionen Schuss Artilleriemunition zur Verfügung, während China mittlerweile als Russlands wirtschaftliche Lebensader gilt. Die massive Steigerung der russischen Öl- und Gaslieferungen an Peking, gepaart mit der Lieferung von Kriegsmaterialien wie Halbleitern, deutet auf eine engere wirtschaftliche Verknüpfung hin. Trotz westlicher Sanktionen erreichen Russlands Importe an Computerchips, von denen mehr als die Hälfte aus China stammt, fast wieder das Niveau vor dem Krieg, kritisieren die Autoren.
Die Zusammenarbeit beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Ukraine; die vier Länder vertiefen ihre wirtschaftlichen, militärischen und technologischen Beziehungen umfassend und verfolgen dabei zunehmend ähnliche Interessen. “Ihre Konvergenz erschafft eine neue Achse des Umbruchs, die dazu führt, dass sich die geopolitische Landschaft grundlegend wandelt”, betonen die Autoren.
Trotz unterschiedlicher regionaler Interessen und potenzieller Konflikte, wie der Rivalität zwischen China und Russland in Zentralasien, besteht ein starkes gemeinsames Ziel: die Schwächung der US-Führungsrolle. “In Regionen von Asien über Europa bis zum Nahen Osten haben die Bemühungen dieser Achsenmitglieder bereits destabilisierende Auswirkungen gezeigt”, so die Autoren. Sie sehen die Notwendigkeit, diese Herausforderungen anzugehen, als entscheidend für die US-Außenpolitik an.
Teil II beleuchtet aus US-amerikanischer Sicht die strategischen Ambitionen und Herausforderungen der “Achse des Umbruchs”, einschließlich der Bemühungen, den Einfluss des Westens, etwa durch Sanktionen, zu umgehen.
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