Überwachungskultur beim Zoll: Mitarbeiter müssen politisch verdächtige Kollegen denunzieren

Ein von der Generalzolldirektion verfasstes internes Rundschreiben, das laut dem Nachrichtenportal NIUS vom 28. August datiert und aus der Zollstelle Potsdam durchgesickert ist, ruft die mehr als 50.000 Mitarbeiter dazu auf, politisch verdächtige Verhaltensweisen ihrer Kollegen zu melden. Dieses Schreiben trägt die Unterschrift von Dr. Armin Rolfink, der seit Oktober 2024 die Leitung der unter das Bundesinnenministerium fallenden deutschen Zollbehörde übernommen hat.

In der Mitteilung werden die Zollbeamten aufgefordert, sich für die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einzusetzen, einschließlich Werte wie Gleichstellung, Diversität und Vielfalt, die als essenzieller Bestandteil des Selbstverständnisses der Zollbehörde dargestellt werden. Die Notwendigkeit derartiger Hinweise wirft allerdings Fragen auf, da diese Grundsätze grundlegend für den öffentlichen Dienst sein sollten.

Darüber hinaus wird vor extremistischen Tendenzen gewarnt und klargestellt, dass Neutralität in Bezug auf demokratische Grundwerte nicht toleriert wird. Der Begriff „extremistisch“ wird jedoch im Schreiben nicht näher definiert, was laut NIUS die Befürchtung verstärkt, dass die Abgrenzung zwischen freier Meinungsäußerung und Extremismus zunehmend verschwimmt.

Bei Verdacht auf nicht konforme Äußerungen, ob im Dienst oder privat, wird den Mitarbeitern geraten, zunächst ein Vier-Augen-Gespräch zu führen und bei fortgesetzten bedenklichen Äußerungen die Vorgesetzten zu informieren. Zudem müssen alle Beschäftigten ein vom Verfassungsschutz entwickeltes E-Learning-Modul absolvieren, um Radikalisierung und extremismus zu erkennen, was weit über die eigentlichen Aufgaben des Zolls hinausgeht.

Die Rundmail, die ursprünglich dazu dienen sollte, die Beamten über extremistische Handlungen zu informieren, wird von den Mitarbeitern selbst als potenzielle Gefährdung der Meinungsfreiheit angesehen, die ihnen verfassungsgemäß zugesichert ist.

Die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft hat sich bereits zu diesen Entwicklungen geäußert, die Betroffenheit unter den Mitgliedern ist groß. Während die Schutzabsicht der Demokratie prinzipiell unterstützt wird, kritisieren sie die mögliche Vorstufe zu einer Denunziationskultur und die Gefahr willkürlicher Maßregelungen. Die Gewerkschaft betont, dass demokratische Werte bereits in der Ausbildung vermittelt werden und warnen vor der Fehlallokation von Fortbildungsressourcen.

Thomas Liebel, der Bundesvorsitzende des BDZ, spricht sich vehement für die Meinungsfreiheit der Beamten aus und weist auf deren tägliche Belastung hin, die ohne ausreichende Unterstützung durch die Behörde das Risiko extremistischer Tendenzen erhöhen kann. Zudem sei das Schreiben ohne Einbeziehung des zuständigen Personalrats veröffentlicht worden, was die Unzufriedenheit verstärke.

Das Schreiben von Dr. Armin Rolfink hat offensichtlich bestehende Spannungen innerhalb der Zollbehörde weiter verschärft, gekoppelt an eine bereits vorhandene Unzufriedenheit durch zunehmend schwierige Arbeitsbedingungen.

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