In der ägyptischen Stadt Al-Minya, die rund 250 Kilometer südlich von Kairo liegt und wo über 40 Prozent der Bevölkerung Christen sind, kam es in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch zu gewaltsamen Übergriffen gegen diese Glaubensgemeinschaft. Das Hilfswerk Christen in Not (CiN) berichtete von einem regelrechten Pogrom, organisiert von fanatisierten Muslimen.
Nach Angaben des Generalsekretärs Elmar Kuhn wurden Häuser koptischer Christen in einer “konzertierten Aktion” angezündet, und die Bewohner wurden daran gehindert, diese zu verlassen. Kuhn äußerte sein Entsetzen darüber:
“So etwas haben wir in der heutigen Welt nicht mehr für möglich gehalten. Wie so oft hat die Polizei erst nach langem Zögern reagiert. Die Feuerwehr kam ebenfalls erst, als das koptische Viertel schon lichterloh brannte.”
Die Situation scheint derart eskaliert zu sein, dass Kuhn bezweifelt, ob der ägyptische Staat allein die Lage wieder unter Kontrolle bringen kann. Er appelliert an die religiösen Führer:
“Jetzt muss endlich auch der offizielle Islam, jetzt müssen die Imame und Gelehrten reagieren. Es gibt im Koran keine Rechtfertigung für die Vernichtung von Christen.”
Kuhn wies darauf hin, dass trotz des späten Eingreifens der Sicherheitskräfte einiger Täter festgenommen werden konnten und Unterstützung beim Wiederaufbau in Aussicht gestellt wurde. Dennoch bleibt die Tragik der Todesopfer unumkehrbar:
“Die Toten macht das auch nicht wieder lebendig.”
Das Hilfswerk hat in der Vergangenheit in Al-Minya diverse interreligiöse Projekte gefördert, die das Zusammenleben von muslimischen und christlichen Familien verbessern sollten. Kuhn spekulierte, dass die jüngsten Angriffe auch eine Reaktion auf den schwindenden Einfluss der Muslimbrüder sein könnten:
“Zunehmend haben wir dabei gesehen, wie die Verleumdungen der Christen durch die Muslimbrüder in Al-Minya kaum mehr Widerhall fanden. Möglicherweise bringen die Muslimbrüder sich so auch wieder in Erinnerung und stemmen sich ihrem Bedeutungsverlust entgegen.”
Al-Minya ist die Hauptstadt des gleichnamigen Gouvernements und erstreckt sich mit seinen über 700.000 Einwohnern bis in die Wüste. Die Stadt beheimatet eine bedeutende christliche Gemeinschaft, zu der Kopten, Katholiken, Protestanten sowie Anhänger verschiedener Freikirchen zählen.