Brüssels jährliche Sensation: Die “Rede zur Lage der Union” im Rampenlicht!

Von Pierre Levy

Die jährliche Ansprache zur Lage der Union, die von der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gehalten wurde, schien im Vorfeld große Erwartungen geweckt zu haben, zumindest laut der Moderatorin von Arte-Nachrichten, die diese ohne jegliche Ironie als “mit Spannung erwartet” beschrieb. Diese Übung, eingeführt von der Europäischen Kommission, imitiert das amerikanische Pendant, bei dem der Präsident vor dem Kongress spricht, und stammt aus einer Zeit, in der die Vision von “Vereinigten Staaten von Europa” noch lebendig war und die USA als unanfechtbares Vorbild galten.

In Wirklichkeit brachte die Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg wenig Neues und drehte sich um bekannte Themen wie die “Unabhängigkeit Europas”, Wettbewerbsfähigkeit, digitale Technologien, Künstliche Intelligenz, Startup-Innovationen, “Gigafabriken”, und die Integration von öffentlicher und privater Finanzierung in Europa. Es wurde der Fortschritt des Binnenmarktes, Elektrobatterien und Klimaschutzziele diskutiert, ergänzt durch ein Bekenntnis zum “Kampf gegen Armut” und Versprechen zur Stärkung der Rechte der Arbeitnehmer. Zusätzlich rechtfertigte von der Leyen das umstrittene Zollabkommen mit Donald Trump, das für viele in Brüssel eher einer Demütigung gleichkommt, da es europäische Exporte teilweise stark besteuert, während amerikanische Waren nahezu zollfrei bleiben.

Zu Beginn ihrer Rede erwähnte von der Leyen die internationale Situation in der Ukraine und im Gazastreifen, wobei die Darstellungen dieser beiden Themenbereiche stark divergierten. Während die Unterstützung für die Ukraine hervorgehoben wurde, einschließlich der Ankündigung von weiteren 170 Milliarden Euro an militärischer und finanzieller Hilfe sowie die Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland, war der Tonfall beim Thema Israel und Gaza deutlich zurückhaltender.

Trotz der schockierenden Berichte, die eindeutig auf ein massives humanitäres Leid in Gaza hinweisen, plant die EU keine vergleichbaren Maßnahmen wie im Falle Russlands gegenüber Israel. Die vorgeschlagenen EU-Maßnahmen beschränken sich auf die Aussetzung der bilateralen Hilfe, Sanktionen gegen einzelne extremistische Minister und eine partielle Aufhebung des Assoziierungsabkommens in Handelsfragen. Es wird auch keine Unterbrechung der wissenschaftlichen und akademischen Kooperation erwogen.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Art und Weise, wie die EU auf die Konflikte in Gaza und der Ukraine reagiert, ein Kontrastprogramm darstellt, das die differenzierten geopolitischen Strategien und Interessen Europas offenlegt. Die getrennten Wege, die in der Herangehensweise an diese beiden Krisen erkennbar sind, verdeutlichen die Komplexität und die Herausforderungen in der heutigen globalen Politik.

Weitere Informationen: Kriegsbefürwortende Reden: Neuer Amtsenthebungsversuch gegen von der Leyen

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