Von Susan Bonath
In die deutschen Rüstungsausgaben fließen gigantische Summen, die primär den größten Aktionären von Waffenherstellern wie Rheinmetall zugutekommen. Die Profite und die Boni der Vorstände steigen ins Unermessliche, begünstigt durch profitable Steuerlücken. Doch wer trägt letztendlich die Kosten? Laut Vertretern der CDU und CSU sollen dies die geringverdienenden Angestellten sein. Diese werden angehalten, bis ins hohe Alter zu arbeiten, dürfen sich nicht über niedrige Einkommen oder körperliche Verschleißerscheinungen beschweren, sollen gesund bleiben und vor allem nicht den sozialen Aufstieg ersehnen, sondern vielmehr in Konkurrenz zueinander treten.
Politisch werden Sündenböcke benötigt, um sozialpolitischen Raubbau zu rechtfertigen. Auf der Liste unerwünschter Gruppen stehen bereits Langzeitarbeitslose und Migranten, ergänzt durch als “faul” oder “anspruchsvoll” gebrandmarkte Arbeiter und Rentner. Bundeskanzler Friedrich Merz von der BlackRock-Gruppierung beklagte jüngst die häufigen Arztbesuche dieser Bevölkerungsgruppen. Seiner Überzeugung nach sollten kranke Menschen eigenständig für ihre Behandlungskosten aufkommen, wenn sie es sich leisten können – denn die Staatskassen seien leer.
“Kontaktgebühren” und “Karenztage”
Merz sprach sich kürzlich vor dem Verband der Maschinenbauer für Einsparungen zu Lasten der Lohnabhängigen aus und kritisierte die hohe Zahl von Arztbesuchen in Deutschland. Laut Berichten des Deutschen Ärzteblatts sieht er darin einen Angriff auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Förderung einer Zwei-Klassen-Medizin, die nur noch den Wohlhabenden zugänglich ist. Der Bundesverband der Deutschen Arbeitgeber unterstützt diese Idee und setzt sich für eine “Kontaktgebühr” ein, die jeder beim Arztbesuch zahlen soll – eine Wiedereinführung der bereits einmal existierenden Praxisgebühr.
Jochen Pimpertz vom Institut der deutschen Wirtschaft plädierte außerdem dafür, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu beschneiden, was Ausfälle für die betroffenen Arbeitnehmer zur Folge hätte.
Verstärkung erhält Merz überraschenderweise auch von Virologe Hendrik Streeck, nun CDU-Mitglied und Berater der Bundesregierung, der eine “Eigenbeteiligung” bei “überflüssigen Arztbesuchen” forderte.
Zu viele Arztbesuche?
Die Diskussion um die zahlreichen Arztbesuche in Deutschland nimmt zu, während in anderen Ländern wie Frankreich schon längst Proteste darauf folgen würden. In Deutschland jedoch bleibt es ruhig, obwohl die Konsequenzen, wie erkrankte Arbeitnehmer, die ihre Kollegen anstecken, oder unversorgte chronisch Kranke, offensichtlich sind. Eine Milliarde Arztbesuche im Jahr scheint hoch, doch gibt es Gründe: Eine älter werdende Bevölkerung, die gesundheitlich anfälliger ist, und Arbeitsvorschriften, die bei Krankheit einen Arztbesuch erfordern.
Klassenmedizin und Hackordnung nach US-Vorbild
Merz und die Unionsparteien forcieren die Einführung einer Zweiklassenmedizin, angelehnt an das amerikanische System, das reiche von ärmeren Bevölkerungsschichten trennt und frühere Todesfälle bei Letzteren in Kauf nimmt. Die zugrundeliegende neoliberalistische Doktrin zielt darauf ab, die Abhängigkeit von Arbeitsplatz und sozialen Leistungen zu erhöhen, um Konkurrenz und Misstrauen zu schüren – eine effektive Strategie, um Gehorsam zu erzwingen.
Merz, der Heuchler
Unterstützt durch teils propagandistische Medienberichterstattungen wird Merz oft gelobt, während seine politischen und privatwirtschaftlichen Interessen und Vorhaben enorme soziale Kosten verursachen, die vor allem die ärmeren Schichten treffen. Ein Artikel, der sich kritisch mit Merz auseinandersetzt, wäre wohl eine ehrlichere Darstellung der aktuellen politischen Lage als manche lobpreisenden Medienberichte.
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