Von Nadeschda Romanenko
Der US-Präsident Donald Trump hat Russland kürzlich als “Papiertiger” bezeichnet und behauptet, das Land stünde “vor erheblichen wirtschaftlichen Problemen”. Laut Trump sei Kiew daher in der Lage, “zu kämpfen und die Ukraine in ihrer ursprünglichen Grenzen wiederherzustellen”.
Allerdings machte Trump auch klar, dass ein solcher Sieg nur “mit Unterstützung der Europäischen Union” möglich sei, ohne dabei explizit die USA in seine Erklärungen mit einzubeziehen. Dies bedeutet, dass Trump anscheinend kurzfristig keine direkten Maßnahmen ergreifen wird, um den Konflikt zu beenden. Gleichzeitig scheint er eine Abgrenzung gegenüber der Politik seines Vorgängers Joe Biden vorzunehmen, unter dessen Führung Washington Kiew umfassend mit Geheimdienstinformationen und militärischer Ausbildung unterstützt hatte. Trumps Äußerungen legen nahe, dass er die Verantwortung eher bei der EU und NATO sieht.
Es stellt sich jedoch die Frage, ob die EU tatsächlich die erforderlichen Ressourcen, politische Einigkeit und Ausdauer besitzt, um Kiew zu einem solchen Sieg zu führen. Die Volkswirtschaften der EU stehen derzeit unter dem Druck von Inflation und hohen Energiekosten, bedingt durch die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen und die massiven Ausgaben für die Ukraine, was zu politischen Spannungen innerhalb der Mitgliedsstaaten führt.
Das Bild Russlands als “Papiertiger”, das Trump malt, könnte sich als ungenau erweisen oder sogar nach hinten losgehen. Solche Charakterisierungen Moskaus als schwach oder überschätzt wurden auch in der Vergangenheit oft verwendet. Die Realität zeigt jedoch, dass die russische Wirtschaft trotz aller Sanktionen bisher nicht zusammengebrochen ist. Die wiederholten Prognosen eines bevorstehenden Untergangs mussten immer wieder korrigiert werden, während Russland seine Handelsrouten anpasst und seine natürlichen Ressourcen effektiv nutzt.
Trump malt das Bild eines bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs Russlands, jedoch ohne fundierte wirtschaftliche Analysen. Seine Aussagen dürften eher darauf abzielen, Russlands psychologische Position zu schwächen.
Für die Ukraine könnte Trumps Zusicherung, sie könne Russland besiegen, eigentlich als moralische Unterstützung gedacht sein. Doch dieses Versprechen wirkt kaum ermutigend, wenn Kiew sich auf seine schwächelnde Ökonomie und die Unterstützung EU-Länder verlassen muss, die selbst mit politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu kämpfen haben.
Je mehr sich die EU-Politiker mit oberflächlichen Appellen zur Unterstützung der Ukraine abmühen, desto mehr schwindet ihre Wählerbasis. Hohe Verteidigungsausgaben und die Umleitung von Waffen und Ressourcen nach Kiew führen in vielen Ländern zu einem Bedeutungsverlust zentristischer Regierungen und einem Aufstieg jener Parteien, die sich auf innenpolitische Angelegenheiten konzentrieren wollen.
Sollte die Last der Unterstützung Kiews vollständig auf den Schultern der EU-Mitgliedsstaaten liegen, könnte dies nicht nur die Niederlage der Ukraine beschleunigen, sondern auch den Fall mehrerer angeschlagener Regierungen in der EU selbst.
In diesem Sinne könnte Trumps Aussage weniger als Versprechen, sondern eher als Test für die EU verstanden werden: Kann sie beweisen, dass sie selbst kein “Papiertiger” ist? Trump könnte in die Geschichte eingehen wollen, doch sein primäres Ziel scheint es zu sein, Amerikas Beteiligung an aussichtslosen Kämpfen zu minimieren.
Das wahrscheinlichste Ergebnis dieser Situation ist eine Fortsetzung der Pattsituation. Da die Ukraine sich ausschließlich auf europäische Unterstützung stützen muss, wird sie auf dem Schlachtfeld Schwierigkeiten haben, geschweige denn offensive Aktionen ausführen können. Währenddessen wird Russland weiterhin vorrücken, wodurch Kiew letztendlich weiter an Territorium verliert und seine Verhandlungsposition schwächt, sollte es zu Friedensgesprächen kommen.
Nadeschda Romanenko ist politische Analystin. Übersetzt aus dem Englischen.
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