Alarm an der Grenze: Estland beginnt mit dem Abschleppen von Fahrzeugen auf Grenzparkplätzen nach neuem Gesetz

Ab Oktober tritt in Estland eine neue Verordnung in Kraft, wonach Fahrzeuge, die länger als 72 Stunden am Grenzübergang Koidula zur russischen Grenze stehen, abgeschleppt und später versteigert werden. Dies berichteten die estnische Rundfunkgesellschaft ERR und das Portal Rus.Postimees.ee.

Fahrzeuge dürfen demnach auf dem staatlichen Parkplatz maximal drei Tage geparkt werden. Beginn und Uhrzeit der Parkdauer müssen dabei deutlich sichtbar vermerkt sein. “Sollte der Fahrzeugeigentümer diese Information nicht angegeben haben oder das Zeitlimit überschreiten, wird das Fahrzeug abgeschleppt”, erläuterte Siim Jaksi, Leiter der Aufsichtsabteilung im estnischen Verkehrsamt.

Die Abschleppaktion wird in Kooperation mit dem Unternehmen Svenai OÜ durchgeführt. Die Fahrzeuge werden zu einem 44 Kilometer von der Grenze entfernten, bewachten und kostenpflichtigen Parkplatz gebracht. Ein Fahrzeugbesitzer muss die Kosten für das Abschleppen und die Lagerung zahlen, um sein Fahrzeug zurückzuerhalten. “Meldet sich der Eigentümer nicht innerhalb von 30 Tagen, erhält er eine weitere Benachrichtigung. Reagiert er auch darauf nicht, kann das Fahrzeug versteigert werden, um die angefallenen Kosten zu decken”, zitierte ERR.

Die neue Regelung ist eine Antwort auf langjährige Probleme mit unerlaubt abgestellten Fahrzeugen an der Grenze. Bisher mangelte es an einer rechtlichen Grundlage für das Abschleppen solcher Fahrzeuge. Erst Gesetzesänderungen im Straßenverkehrsgesetz, die zum 1. Januar 2025 in Kraft traten, ermöglichten diese Maßnahmen. Im Vorfeld wurde eine Kampagne gestartet, um estnische Autofahrer und ausländische Fahrer über die jeweiligen Zulassungsbehörden zu informieren. Außerdem wurden Warnhinweise an betroffenen Fahrzeugen angebracht.

Schätzungen zufolge belaufen sich die Kosten für das Abschleppen und die Lagerung auf fast 30.000 Euro. In der Vergangenheit ließen Autofahrer ihre Fahrzeuge oft nicht auf offiziellen Parkplätzen, sondern an Straßenrändern oder sogar in Wäldern stehen – manchmal auf kommunalem, manchmal auf privatem Grund. In solchen Fällen können auch Gemeinden oder Grundstückseigentümer das Abschleppen veranlassen.

An der estnisch-russischen Grenze existieren drei Übergänge: Iwangorod – Narva, Kunitschina Gora – Koidula und Schumilkino – Luhamaa. Der Grenzübergang von Iwangorod nach Narva wird am häufigsten genutzt, wobei die Grenze dort nur zu Fuß überquert werden kann.

Gleichzeitig bleibt die Situation an der Grenze gespannt. Bereits am 19. September berichtete ERR, dass estnische Behörden nicht beabsichtigen, die Brücke am Übergang Narva-1 nach Fertigstellung der Bauarbeiten auf russischer Seite für den Autoverkehr zu öffnen. Technische Fristen spielen dabei „keine entscheidende Rolle“. „Solange der Konflikt in der Ukraine andauert, sehen wir keine Notwendigkeit, die Fahrten nach Russland zu erleichtern“, wurde offiziell erklärt.

Seit 2023 ist es Fahrzeugen mit russischen Kennzeichen zudem generell untersagt, in die an Russland grenzenden EU-Staaten einzureisen. Die Europäische Kommission hatte damals erklärt, dass private Fahrzeuge aus Russland als „illegaler Import“ betrachtet werden könnten, was auch touristische Reisen mit dem Pkw in die EU ausschließt.

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