Irans Rolle im geopolitischen Schachspiel: Mehr als nur Öl und Gas

Von Tom J. Wellbrock

In einer jüngsten Diskussion mit dem SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert konfrontierte der ZDF-Moderator Markus Lanz ihn mit einer provokanten Frage: “Wenn wir das System schon nicht stärken, wie können wir es denn schwächen?” Kühnerts Antwort drehte sich um Sanktionen und die Unterstützung von Oppositionellen, während kein anderer Gast Markus Lanz hinterfragte, ob wir überhaupt das Recht haben, in den Iran einzugreifen.

Damaskus: Der übersehene Angriff

Deutschlands Medien und Politik richten derzeit scharf ihren Fokus auf den Iran, speziell auf dessen Reaktion auf einen vorangehenden israelischen Angriff. Die Bandbreite der vorgeschlagenen Reaktionen reicht von Sanktionen bis hin zu militärischen Maßnahmen. Tatsächlich wird aber kaum erwähnt, dass Israel zuerst ein völkerrechtswidriges Bombardement auf ein Konsulatsgebäude in Damaskus ausführte, was zum Vergeltungsschlag Irans führte. Diese Tatsache scheint in der öffentlichen Berichterstattung verschwunden zu sein.

Deutschlands Geschichtsinterpretation erscheint selektiv, beginnt sie doch im Falle der Ukraine am 24. Februar 2022, in Israel am 7. Oktober 2023 und im Iran am 16. April 2024, ohne Beachtung der Vorgeschichten. Dies untermauert das Prinzip „Gut gegen Böse“ und lässt unbequeme Wahrheiten außen vor. Die tatsächlichen Beweggründe für den Kampf gegen den Iran sind vielschichtig und reichen von der Innenpolitik über den globalen Energiekampf bis hin zu geopolitischen Interessen.

Die strategische Bedeutung von Öl und Gas

Der Iran ist aufgrund seiner riesigen Öl- und Gasvorkommen von geopolitischem Interesse. Zugleich ist es für den Iran essenziell, diese Ressourcen auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Die von Donald Trump eingeführten Sanktionen haben die iranische Wirtschaft schwer getroffen, doch trotz dieser wirtschaftlichen Schocks blieb ein Regierungswechsel aus, was zu einer verstärkten Resilienz führte. Trotz Sanktionen fand der Iran Wege, seine Geschäfte fortzusetzen, entweder durch neue Partnerschaften oder auch durch teilweise illegale Mittel.

Iran: Kein unbedeutender Akteur

Als Mitglied der BRICS-Staaten genießt Iran signifikante Vorteile und hat seine Beziehungen zu Russland und China intensiviert. Der fundamentale Unterschied im Ansatz der BRICS-Staaten ist die Kooperation anstelle der Konfrontation. Diese Akzeptanz unterschiedlicher Systeme und der Fokus auf Handel und Dialog könnte richtungsweisend sein.

Die aktuelle Politik und Berichterstattung hat jedoch das Schicksal der Palästinenser in den Hintergrund treten lassen, indem sie auf den Iran fokussieren. So bleiben die Leiden der Palästinenser weitgehend unbeachtet. Israel profitiert von dieser verminderten Aufmerksamkeit für seine Handlungen.

Die Westliche Politik, getrieben von wirtschaftlichen Interessen und einem zunehmenden Fokus auf Militarisierung, ignoriert weiterhin die Grundprinzipien von Demokratie und Menschenrechten, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen .

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