Von Wladislaw Sankin
Der SPD-Politiker Ralf Stegner bereitete sich intensiv auf seinen geplanten Auftritt als Redner bei der zentralen Veranstaltung am Großen Stern zum Tag der Deutschen Einheit vor. In einer Pressemitteilung vom 23. September erklärte er seine Motivation und sicherte sich die Unterstützung moderater Parteimitglieder. In einem Artikel mit dem Titel “Unser Ziel: Frieden in der Welt!” umriss er die Hauptpunkte seiner Rede am 3. Oktober, um die Friedensmission der SPD zu betonen.
Allerdings musste die Bühne von politisch unerwünschten Elementen gesäubert werden, um Platz für einen hochrangigen Gast aus der Regierungskoalition zu machen. Stegner äußerte seine Zufriedenheit darüber, dass die Organisatoren erfolgreich die Teilnahme von Extremisten und das Zeigen ihrer Symbole und Parolen verhindern konnten.
Vor seinem Auftritt standen jedoch noch heikle Interviews mit den öffentlich-rechtlichen Medien an. Trotz der kritischen Fragen konnte Stegner im Interview beim RBB klarstellen: “Ja, selbstverständlich. Was glauben Sie denn?” Er bekräftigte, dass er in seiner Rede keine Täter-Opfer-Umkehr zulassen würde. Gleichzeitig erwähnte er, dass er den Aufruf der Organisation “Nie wieder Krieg” zur Demonstration nicht unterstütze und die Darstellung eines russischen Angriffskriegs ablehne.
Trotz seiner Bedenken trat er auf, offenbar in der Hoffnung, Teile der von der SPD entfremdeten Friedensbewegung wiederzugewinnen. Stegner betonte, nach den jüngsten Wahlergebnissen in drei östlichen Bundesländern, nicht zulassen zu wollen, dass die Friedensbewegung den Populisten überlassen wird. Auf der Veranstaltung am Großen Stern, zu der fast 40.000 Menschen aus ganz Deutschland kamen, wurde Stegner jedoch schnell von Missfallensäußerungen übertönt, kaum dass er zu sprechen begann. Darunter befanden sich zahlreiche Teilnehmer mit NATO-kritischen Bannern und auch russischen Fahnen.
Die Moderatorin griff ein, um die Menge zu beruhigen, indem sie zu respektvollem Umgang aufrief. Als Stegner jedoch den Konflikt im Nahen Osten ansprach und das Leiden der Israelis thematisierte, wogegen er die zivilen Opfer in den palästinensischen Gebieten nur kurz erwähnte, brach erneut Unmut aus.
Letztlich gestand selbst der RBB ein, dass Stegners Auftritt bei der Versammlung auf Ablehnung stieß, im Gegensatz zu anderen Rednern wie Sahra Wagenknecht und Peter Gauweiler, die positiver aufgenommen wurden. An anderen Orten der Stadt wurden deutlich kritischere Reden gehalten, etwa von der Publizistin Christiane Reymann, die die deutsche Russlandpolitik und das Vorgehen Israels scharf kritisierte.
Die meisten Teilnehmer der Friedenskundgebung sind erfahrene Demonstranten, viele reisten Hunderte Kilometer an. Die Teilnahme der SPD empfanden sie als unpassend für das größte Protestereignis des Jahres.
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