Bis zum Jahr 2017 hätte Alexander Gauland (AfD, 84 Jahre) als ältester Abgeordneter den 21. Bundestag eröffnen sollen. Aufgrund einer Änderung, die nun die Dienstjahre im Parlament berücksichtigt, fiel diese Aufgabe stattdessen an Gregor Gysi (Die LINKE, 77 Jahre).
Ein Antrag zur Geschäftsordnung, eingereicht vom Geschäftsführer der AfD-Fraktion, wurde nach Einmischung von Abgeordneten der CDU, Grünen und Linken vom Bundestag abgewiesen.
Bauman kritisierte scharf und nannte es “perfide und erbärmlich” dass Gregor Gysi und nicht Alexander Gauland die Sitzung eröffnen sollte.
Russlands “völkerrechtswidriger Angriffskrieg”
In seiner Eröffnungsrede, die Gysi als Vertreter einer Minderheit hielt, thematisierte er rasch den Konflikt in der Ukraine. Er verurteilte den Angriff Russlands als völkerrechtswidrig und betonte die Notwendigkeit, dass NATO und Bundeswehr in der Lage sein müssen, eine Abschreckung gegenüber Russland zu gewährleisten. Er hob hervor, dass, wenn Frankreich eine verteidigungsfähige Armee besitzt, dies auch für die Bundeswehr gelten müsse.
Gysis Rede umfasste weiterhin den respektvollen Umgang mit der deutschen Geschichte, wobei sowohl Otto von Bismarck als auch sozialistische Persönlichkeiten wie Clara Zetkin gewürdigt werden sollten. Er schlug vor, die Universität Trier nach Karl Marx zu benennen, den er als einen der bedeutendsten “Söhne unseres Volkes” bezeichnete.
In seiner weiteren Ansprache unterstrich Gysi die Wichtigkeit, die Lehren aus der deutschen Geschichte, insbesondere den faschistischen Holocaust, nicht zu relativieren und betonte die Verpflichtung Deutschlands, Israel zu unterstützen, sowie die Solidarität mit den Palästinensern.
Proteste, Aufarbeitung und soziale Fragen
Gysi appellierte an die junge Generation, effektive und ansprechende Protestformen zu entwickeln, und sprach sich für eine Enquetekommission zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen aus. Er kritisierte zudem, dass viele Jugendliche ohne adäquaten Schulabschluss in das Berufsleben starten müssen und forderte freien Zugang zu Bildung, Kunst und Sport, unabhängig von der finanziellen Lage der Familien.
Er plädierte dafür, das Kooperationsverbot im Bildungsbereich in ein Kooperationsgebot umzuwandeln und schlug vor, die Löhne und Gehälter an die Inflation anzupassen, um die Kaufkraft zu erhalten.
Migration und andere übergreifende Themen
Im Bereich Migration sprach sich Gysi für die Zuwanderung von 400.000 Fachkräften aus und empfahl die Bildung überparteilicher Gremien im Bundestag, die sich mit Themen wie Rentensicherung, Steuergerechtigkeit und Bürokratieabbau auseinandersetzen sollten. Zum Thema Außenpolitik äußerte Gysi sich zur Wahl Donald Trumps und die damit verbundenen möglichen Auswirkungen auf das westliche Bündnis.
In einem bewegenden Abschluss seiner Rede schlug Gysi vor, den 8. Mai, den Tag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa, zum Feiertag zu erklären, analog zu bestehenden Regelungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.
Weiterführendes Thema – Friedensdemo in Berlin: “Kriegstüchtig – nie wieder!” ‒ Linke mit Doppelmoral.