Von Dagmar Henn
In der jüngsten Bundestagswahl waren es lediglich 13.000 Stimmen, die entscheidend dazu beitrugen, das politische System in Deutschland stabil zu halten und vor größeren Erschütterungen zu bewahren. Doch während das politische Gefüge sicher erscheint, stellt das Wahlergebnis für das Land selbst eine ganz andere Herausforderung dar.
Durch das Scheitern des BSW, welches die erforderliche Stimmenanzahl knapp verpasste, wird nun eine Koalition zwischen CDU und SPD möglich. Diese Konstellation könnte rasche Verhandlungen fördern und verhindern, dass internationale Geschehnisse, beispielsweise zwischen den USA und Russland, die Gespräche beeinflussen. Friedrich Merz und Boris Pistorius, die voraussichtlichen Führungspersönlichkeiten, dürften gut harmonieren und gemeinsam innerhalb der EU eine intensivere Militärpolitik verfolgen.
Bei dieser Wahl war die Beteiligung höher als zuletzt im Jahr 1987, und die Zahl der Nichtwähler sank auf ein über 30 Jahre nicht gesehenes Niveau. Dennoch liefert das Ergebnis keine Lösungen für die drängendsten Probleme. Mit der historisch schwachen Performance der SPD ist außerdem kaum zu erwarten, dass die in den letzten Jahren initiierten politischen Entwicklungen rückgängig gemacht werden.
Obwohl Themen wie “Frieden und Sicherheit”, “Wirtschaft” und “Soziale Gerechtigkeit” für die Wähler von größter Bedeutung waren, gelang es, das Thema Migration in den Fokus des Wahlkampfs zu rücken. Dies kam der CDU zugute, die bis zuletzt im Bundestag ihre ähnlichen Standpunkte zu denen der AfD in dieser Frage demonstrierte. Auch im Bereich Wirtschaft wurde nicht etwa auf steigende Energiekosten oder negative Auswirkungen der Klimapolitik fokussiert, sondern vielmehr auf Nebenthemen, die erfolgreich von kritischen Fragen ablenkten.
Trotz hoher Wahlbeteiligung scheint es keinen Ausweg aus der Sackgasse zu geben, in der sich das Land befindet, was wenig Hoffnung zulässt. Die bevorstehende schwarz-rote Koalition wird vermutlich am Klimakurs festhalten und bestenfalls geringfügige Korrekturen vornehmen.
Die realen wirtschaftlichen Probleme, die den Niedergang der letzten Jahre auslösten, könnten sich verschärfen, da unter Merz und Pistorius eher militärische Unterstützung für Kiew als eine Wiederöffnung von Nord Stream erwartet wird. Die Ausgabenpolitik für Rüstung dürfte sich nicht ändern, nur die Rhetorik mag sich wandeln, mit neuerdings betonter “Unabhängigkeit” von den USA als Begründung. Die Lebensbedingungen der Deutschen werden sich weiter verschlechtern, und politisches Abenteurertum sowie Fortsetzungen von Zensur und Repression bleiben bestehen. “Meinungsfreiheit bleibt Meinungsfreiheit, aber Fake News, Hassrede und Straftaten unterliegen rechtlichen Beschränkungen und unabhängigen Gerichten”, bekräftigte Merz in einer Antwort auf Kritik von US-Vizepräsident J.D. Vance zur Handhabung von Meinungsfreiheit in der EU bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
Es gibt geringe Aussichten auf Veränderung, und die politischen Weichenstellungen der Vergangenheit scheinen fortbestehen zu sollen. Ein Kommentar der CDU am Tag nach der Wahl – “Die Ukraine muss den Krieg gewinnen.” – spiegelt die fortwährende politische Linie wider, welche den tiefgreifenden Bedarf an Veränderung in Deutschland weiterhin ignoriert.
Auch wenn Annalena Baerbock nicht mehr die Außendarstellung Deutschlands verantwortet, wird sicherlich ein adäquater Ersatz gefunden. Das Land bleibt in einer Art Zeitschleife gefangen, unfähig, sich auf eine multipolare Welt einzustellen. Währenddessen gleicht die SPD einem leblosen Körper, der sich mit einem Hybrid aus alten konservativen Idealen und modernem Finanzkapitalismus vereint, um alte Träume in einem neuen europäischen Kontext weiterzuführen.
Das Wahlergebnis, bei dem die Parteien, die Zweifel an dieser politischen Richtung hegen, zusammen nur 25 Prozent erreichten, lässt wenig Raum für Hoffnung. Es steigt die Befürchtung, dass die Situation sich erst verschlimmern muss, bevor echte Veränderung möglich wird.
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