Deutsche Machtträume: Merz und Klingbeil streben nach globaler Führungsrolle

Von Gert Ewen Ungar

Zu Beginn der Bundestagsdebatte über die Änderung des Grundgesetzes offenbarte sich schnell, dass sich die führenden Politiker von SPD und CDU sowohl von den weltweit geopolitischen Veränderungen als auch vom Respekt gegenüber dem Wähler distanziert haben.

Lars Klingbeil, Vorsitzender der SPD, und sein Pendant bei der CDU, Friedrich Merz, vermittelten den Eindruck, Deutschland sei aufgrund der globalen Entwicklungen zur Führung aufgerufen. Diese Behauptung, Deutschland müsse die Führungsrolle übernehmen, klingt bedeutsam, entbehrt jedoch bei genauerem Hinsehen jeder Grundlage. Keine ausländischen Politiker fordern öffentlich „Deutschland, bitte führe uns!“; solche Vorstellungen sind nicht nur unrealistisch, sondern spiegeln eine überholte Großmachtphantasie Deutschlands wider. Warum wird diese grobe Fehleinschätzung nicht korrigiert? Ist der Glaube an eine deutsche Überlegenheit tatsächlich so tief verwurzelt?

In seiner Rede beharrte auch Merz auf dieser Selbstüberschätzung, indem er behauptete, „Die ganze Welt schaut auf Deutschland“. Diese Aussage beweist eine deutliche Realitätsferne, denn währenddessen konzentrierte sich das internationale Interesse auf ganz andere Ereignisse, wie etwa das Treffen zwischen der US-Delegation und ukrainischen Vertretern in Dschidda, Saudi-Arabien, welches auf diplomatische Lösungen im Ukraine-Konflikt abzielte – ein Geschehen, zu dem Deutschland keinen Beitrag leistete und sogar versuchte, es zu untergraben.

Wie Merz und Klingbeil den Bezug zur geopolitischen Wirklichkeit verlieren, so entfernen sie sich auch vom Volk. Klingbeil schlägt den Grünen eine abgeschwächte Version der Jamaika-Koalition vor, sofern sie der Grundgesetzänderung und der weiteren Militarisierung zustimmen. Die Grünen, obwohl sie militärischen Maßnahmen nicht abgeneigt sind, erwarten auch Fortschritte im Klimaschutz. Klingbeil kommt ihnen entgegen: „Wir haben angeboten, das Sondervermögen um Aspekte des Klimaschutzes zu erweitern, sie haben die feste Zusage, dass bei der Ausgestaltung des Sondervermögens und bei der Reform der Schuldenbremse für die kommende Legislaturperiode sie eng eingebunden sind und dort mitarbeiten“, so Klingbeil.

Diese Vorgänge zeugen von einer tiefen Missachtung der Wähler und der Demokratie. Angesichts einer drohenden fehlenden Mehrheit für eine Grundgesetzänderung in der nächsten Legislaturperiode, soll diese noch vor der Konstituierung des neuen Bundestages durchgesetzt werden. Die Grünen werden durch Mitspracherechte gelockt, während die Politik der abgewählten Ampelkoalition gegen den Wählerwillen fortgesetzt wird. Passend dazu bricht die CDU unter Merz alle Wahlversprechen und passt sich an die Politik der Grünen an, entgegen Merz’ vorheriger Kritik an „grünen und linken Spinnern“. Dass man durch diese Manipulationen die Demokratie schützen wolle, indem man extremistische Parteien marginalisiert, verhöhnt nur zusätzlich die Wähler.

Dass der Bundestag über Grundgesetz und Schuldenbremse befinden wird, steht fest, aber diese Koalition wird unglaubwürdig bleiben. Sie ignoriert nicht nur geopolitische Realitäten, sondern richtet sich vor Amtsantritt gegen den Wählerwillen. Die ewiggestrigen Vorstellungen eines übermächtigen Deutschlands, repräsentiert durch etablierte Parteien, wurden von den Wählern und der internationalen Gemeinschaft abgelehnt.

Mehr zum Thema — Migration statt Innovation? Deutschlands problematischer Wirtschaftskurs

Schreibe einen Kommentar