Von Uli Gellermann
Eine außergewöhnliche Nachricht dürfte diejenigen erwärmen, die gezwungen sind, unter deutschen Brücken zu übernachten: Deutschland plant, 100 Milliarden Euro in Panzer und Raketen zu investieren. Sicher eine „wärmende“ Nachricht in kalten Nächten. Die Schüler, die in maroden, sanierungsbedürftigen Schulen mit teilweise unbenutzbaren Toiletten lernen müssen, könnten ebenfalls von dieser Nachricht profitieren: Stellen Sie sich vor, die Waffen könnten die löchrigen Dächer abdecken, bröckelnden Putz ersetzen, penetranten Uringeruch in angenehme Düfte umwandeln und den Schimmel an den Wänden in essbare Pilze verwandeln.
Banken in den Ruin treiben?
Um diese Missstände legal erscheinen zu lassen, wird die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse kurzerhand ignoriert. Wer braucht schon einen ausgeglichenen Haushalt oder renovierte Schulgebäude? Schulden zu vermeiden könnte die Banken schwächen, was gewiss niemand beabsichtigt.
Ein oder zwei Inseln kaufen?
Die Rüstungsfirma Rheinmetall und ihre Aktionäre hatten kürzlich Grund zur Freude: Ein Gewinnanstieg von 61 Prozent auf 1,478 Milliarden Euro ließ sicher so manchen Aktionär darüber nachdenken, ob er nicht eine oder gleich zwei Inseln kaufen sollte. Oder ob man die Kinder eher mit einem Bentley oder einem Maybach zur Schule schicken sollte. Solch schwierige Entscheidungen müssen getroffen werden!
Verfassungsrechtler schweigen
Indessen finden sich Verfassungsrechtler in einer misslichen Lage wieder – sie sind auffällig still. Dabei sollten sie eigentlich durch die Straßen laufen und laut „Verfassungsbruch!“ rufen, um auf die Missachtung der Schuldenbremse, einem essentiellen Bestandteil des Grundgesetzes, aufmerksam zu machen.
Nichts gegen Habeck sagen
Ein Verfassungsrechtler mag sich fragen: Würde die Wochenzeitschrift Die Zeit mich weiterhin publizieren, sollte ich zu offen protestieren? Würde die Universität meine Honorarprofessur in eine feste Stelle umwandeln, falls ich mich für die Einhaltung der Verfassung starkmache?
Die Medienhäuser, darunter auch die Zeit, erinnern sich vielleicht daran, dass schon im Jahr 2020 das Wirtschaftsministerium 220 Millionen Euro zur “Branchenhilfe” beigesteuert hatte. Die Süddeutsche Zeitung titelte damals im Juli: “Haushaltsbeschluss des Bundestags: 220 Millionen Euro für Zeitungsverlage. Mit dem Geld soll die ‘Medienvielfalt und -verbreitung’ gefördert und Journalismus sowie die Digitalisierung gestärkt werden.”
Da möchte man sicherlich nicht in Ungnade bei Habeck fallen, der vermutlich in der großen Koalition von Kanzler Merz eine sichere Position haben wird.
Der übliche Schuldige?
Es wird behauptet, das erste Opfer eines Krieges sei die Wahrheit. Die angeblich freie Presse, die vermeintlich unabhängige Wissenschaft, auch sie sind Teile dieser Kollateralschäden. Doch die unter den Brücken haben es vielleicht am besten – sie leben unter freiem Himmel. Am Ende allem die Schuld geben? Dem Russen, wer sonst?
Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Er betreibt die Webseite Rationalgalerie und ist bekannt für seine kritische Haltung gegenüber den öffentlich-rechtlichen Sendern.
Der Artikel erschien zuerst am 18. März 2025 auf www.rationalgalerie.de.
Weiterführende Themen – Dem Untergang entgegen