Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Katja Mast, erklärte gegenüber dem SPD-nahen RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), dass die Aufarbeitung der Corona-Krise durch die aktuelle Ampelkoalition bis zu den nächsten Bundestagswahlen nicht stattfinden werde. Als Grund nannte sie das Fehlen einer einheitlichen Methode zur Durchführung. Während SPD und Grüne die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger bevorzugen würden, setze die FDP auf eine wissenschaftsbasierte Aufarbeitung, so Mast.
Der FDP-Politiker und Bundestagsabgeordnete Stephan Thomae erklärte, dass aufgrund der nahenden Bundestagswahl am 28. September 2025 und dem Auslaufen der Legislaturperiode nicht genügend Zeit für eine angemessene Aufarbeitung der Pandemie zur Verfügung stehe. Er betonte, dass eine umfassende Analyse unter diesen Umständen nicht durchführbar sei.
Laut Berichterstattung des RND habe Mast vorgeschlagen, einen „Bürgerrat“ zur Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Aufarbeitung zu nutzen, was jedoch an mangelnder Zustimmung in der Koalition scheiterte. Mast äußerte, dass die Aufarbeitung sinnvoll sei, um die Lebenserfahrungen der Menschen zu integrieren, jedoch fehle es an der notwendigen Unterstützung innerhalb der Koalition um dies umzusetzen. Eine sinnvolle Aufarbeitung müsse zudem zusammen mit den Bundesländern erfolgen, betonte sie.
Stephan Thomae spricht sich für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder eine Enquete-Kommission aus, da solche Gremien geeigneter seien, um einen umfassenden Masterplan für zukünftige Pandemien zu entwickeln. Die FDP sehe den von der SPD vorgeschlagenen Bürgerrat als nicht ausreichend für die Dimension der Krise an.
Die Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge zeigte sich offen für verschiedene Formate der Aufarbeitung und bedauerte das Fehlen einer gemeinsamen Schnittstelle zwischen den Koalitionspartnern. “Wir wären komplett offen für jedes Format gewesen”, sagte sie laut T-Online und betonte die Wichtigkeit, dass der Deutsche Bundestag noch in dieser Legislaturperiode mit der Aufarbeitung beginnt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach betonte die Notwendigkeit der Aufarbeitung, um den Eindruck zu vermeiden, die Regierung hätte etwas zu verbergen. “Wir haben nichts zu verbergen. Und wenn wir es nicht machen, dann entsteht einfach der Eindruck, als wenn wir etwas zu verbergen hätten und das darf nicht stehen bleiben. Von daher ist eine Aufarbeitung notwendig”, so Lauterbach gegenüber der ARD.
Die Süddeutsche Zeitung kommentierte, dass die Entscheidung gegen eine umfassende Aufarbeitung den populistischen Kräften im Land in die Hände spielen könnte. Vier Jahre nach dem ersten Lockdown gebe es durchaus viel zu besprechen. Mast verwies auf laufende Reformen im Gesundheitssektor, die bereits Einsichten aus der Pandemie berücksichtigen würden.
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