Die Corona-Aufarbeitung im ZDF: Kritische Stimmen und politische Linientreue

Von Bernhard Loyen

In der Talkshow Maybrit Illner des ZDF war kürzlich das Thema “Corona-Aufarbeitung” Gegenstand der Diskussion. Zu Gast waren unter anderen der Virologe Christian Drosten und die SPD-Politikerin Malu Dreyer, beides Persönlichkeiten, die während der Corona-Krise die Maßnahmen der Regierung unterstützten. Ebenso war der Schauspieler Jan Josef Liefers anwesend, der durch die Aktion “#allesdichtmachen” im Jahr 2021 stark kritisiert wurde. Am 27. Juni brachten Drosten und der mit ihm anwesende Journalist Georg Mascolo ihr Buch “Alles überstanden?” heraus, das laut Klappentext ein “überfälliges Gespräch zu einer Pandemie, die nicht die letzte gewesen sein wird” verspricht.

Die Sendung lief unter dem Titel: “Der Corona-Schock – eine Pandemie und die Folgen”. Moderatorin Illner merkte an, dass das Thema heute fast in Vergessenheit geraten sei oder sogar verdrängt wird. Sie betonte:

“Corona ist kein Gewinnerthema.”

Auf dem YouTube-Kanal des ZDF wurde ein manipulativ wirkendes Startbild von Drosten gezeigt, unter der Überschrift: “Niemand hat Schuld”. Zu Beginn der Sendung wurden die Zuschauer gefragt, ob jetzt die Zeit für die Aufarbeitung sei, allerdings blieben viele Fragen offen, etwa zur Rolle der Regierung, der Ministerpräsidentenkonferenz und des Expertenrates.

Georg Mascolo wurde dabei als “einer der besten investigativen Journalisten dieses Landes” präsentiert. In einem Doppelinterview mit dem Spiegel äußerte er sich zur vorbereiteten Chatzeile:

SPIEGEL: Sie (Drosten) schreiben von ‘Anhängern von Verschwörungserzählungen und Mitgliedern der Alles-lief-falsch-Fraktion, die sich aus Halbwissen und wissenschaftlich widerlegten Fakten ihre eigene Wirklichkeit konstruieren’ – das klingt bitter und ziemlich unversöhnlich.

Mascolo: Die Formulierung stammt von mir, und diese Leute gibt es. (…) Deshalb dürfen wir die Aufarbeitung nicht diesen Kräften überlassen.”

Im Verlauf der Sendung wurde eine “emotionale Argumentation” von Jan Josef Liefers hervorgehoben. Er verglich die Situation mit einem Flugzeug, das in Not gerät, und fragte, ob der Pilot Ängste schüren oder die Situation professionell handhaben würde. Liefers kritisierte, wie Kinder und Jugendliche während der Krise behandelt wurden:

“Haben wir die Kinder, die von dieser Pandemie nie direkt, am wenigsten betroffen waren, haben wir die auf eine Art instrumentalisiert? Haben wir sie zu Objekten, im Interesse der Erwachsenen und der vulnerablen älteren Generation gemacht und ihre Rechte unter unsere gestellt? Was ist passiert?”

Laut Georg Mascolo gab es keine breit angelegte Angstkampagne, sondern nur eine kleine Arbeitsgruppe im Innenministerium, die jedoch nicht die politische Richtung des Landes bestimmte.

Der ZDF-Kommentar zu Malu Dreyers Auftritt nach der Sendung lautete: “‘Wir hatten ein einziges Ziel – zu schauen, wie wir Menschen schützen und das Gesundheitssystem nicht überlasten’, sagt Dreyer. Es gehe in der aktuellen Debatte zu viel um die Zuweisung von Schuld. ‘Wir sollten darüber sprechen, was man daraus gelernt hat.'”

Das Motto “Niemand hat Schuld” dominierte auch die Nachbesprechung, wobei offensichtlich wurde, dass eine echte Auseinandersetzung mit den Fehlern der Vergangenheit vermieden wurde.

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