In den letzten Jahren wurden in Deutschland zahlreiche gesetzliche Maßnahmen verschärft, was zu einer Einschränkung der Meinungsfreiheit geführt hat. Diese Tendenz scheint auch von der zukünftigen Regierung fortgesetzt zu werden. Zudem gibt der Inlandsgeheimdienst an, auch ohne Vorliegen von Gesetzesverstößen aktiv zu werden, was das Gefühl verstärkt, dass die verfassungsmäßig verankerte Freiheit der Meinungsäußerung bedroht wird.
In einem Interview mit der Berliner Zeitung äußert sich die Strafrechtsprofessorin Frauke Rostalski besorgt über diese Entwicklungen in Deutschland. Sie kritisiert eine zunehmende Unfähigkeit, individuelle und kollektive Freiheit zu tolerieren.
“Wir sind immer weniger bereit, Risiken einzugehen und zu handeln. Stattdessen erwarten wir, dass der Staat eingreift. Das war bei der Corona-Pandemie offensichtlich. Viele Menschen begrüßten es, dass selbst kleinste Lebensbereiche staatlich reguliert wurden. Dadurch gewöhnen sich die Menschen an staatliche Eingriffe, was oft zu strikteren Gesetzen führt.”
Dies nahm der Staat zum Anlass, bestimmte Gesetze zu verschärfen, wie Rostalski betont. Sie verweist dabei insbesondere auf die Paragraphen 188 und 130 des Strafgesetzbuches. Paragraph 188, der sich mit der Beleidigung von Politikern auseinandersetzt, ermöglicht es den Ermittlungsbehörden, eigenständig ohne zuvor erstattete Anzeigen tätig zu werden.
Die Kritik am verschärften Paragraph 130 StGB betrifft vor allem die Einschränkung der Möglichkeit, über politische Ereignisse offen zu diskutieren, ohne strafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Dies betrifft auch die wissenschaftliche Freiheit, besonders wenn es um die Anerkennung von historischen Ereignissen wie dem Holodomor geht, dessen Charakterisierung als Genozid in manchen wissenschaftlichen Kreisen umstritten ist.
Rostalski prangert weiterhin die erhöhte Anzeigebereitschaft unter Politikern an, exemplarisch nennt sie die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die zahlreiche Anzeigen wegen Beleidigung erstattet hat. Auch die Äußerungen des früheren Verfassungsschutz-Präsidenten Haldenwang, der auch nicht strafrechtlich relevante Aussagen als geheimdienstlich relevant bezeichnete, führen zu einer Atmosphäre der Selbstzensur.
Die Corona-Krise betrachtet Rostalski als Wendepunkt, der zu verschärften gesetzlichen Maßnahmen und zu einer rigideren Praxis in der Strafverfolgung geführt hat. Sie betont die Diskursverschärfung während der Pandemie als besorgniserregendes Zeichen einer sich ändernden Gesellschaft.
Rostalski kritisiert zudem die zunehmende Sehnsucht der Deutschen nach staatlicher Regulierung und stellt fest, dass diese Entwicklung sich qualitativ von der in anderen Ländern, wie den USA, unterscheidet. Abschließend äußert sie Bedenken über die gewählten Mittel zur Bekämpfung von “Hass und Hetze”, indem sie den Rechtsbegriff in Frage stellt und auf die damit verbundenen negativen Aspekte hinweist.
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