Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will mit einer umfassenden Krankenhausreform die finanziellen Lasten der Kliniken in Deutschland mindern. Im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) teilte er mit, dass die aktuellen Pläne seiner Behörde, die auch die Finanzierung für dringend benötigte Fachkräfte im Pflegesektor umfassen, dringenden Herausforderungen gegenüberstehen. Lauterbach und sein Team stehen vor einem Rätsel bezüglich des sprunghaften Anstiegs der Pflegebedürftigen in Deutschland in den letzten Jahren. Er äußerte sich wie folgt:
“Woran das liegt, verstehen wir noch nicht genau.”
Der Minister erörterte weiter, dass aktuelle Analysen eine akute Problematik in der Pflegeversicherung aufzeigen. So sei die Anzahl der Pflegebedürftigen unerwartet stark angestiegen, weit über die demografisch vorhergesagten Zahlen hinaus. Lauterbach erklärte:
“Demografisch bedingt wäre 2023 nur mit einem Zuwachs von rund 50.000 Personen zu rechnen gewesen. Doch tatsächlich beträgt das Plus über 360.000. Eine so starke Zunahme in so kurzer Zeit muss uns zu denken geben. Woran das liegt, verstehen wir noch nicht genau.”
Als der RND-Journalist Tim Szent-Ivanyi in Erfahrung bringen wollte, ob dieser Anstieg möglicherweise ein nachträglicher Effekt der Corona-Pandemie sein könnte, erweiterte Lauterbach die Diskussion. Die Redaktion vermutete, dass während der Pandemie weniger Menschen einen Pflegegrad beantragt hatten, um eine Ansteckung bei der Begutachtung zu vermeiden. Lauterbachs Antwort darauf lautete:
“Das ist eine Hypothese, die wir nun prüfen. Ich glaube aber nicht, dass der Nachholeffekt einen Aufwuchs in dieser Größenordnung erklärt. Ich gehe vielmehr davon aus, dass wir einen Sandwich-Effekt erleben: Zu den sehr alten, pflegebedürftigen Menschen kommen die ersten Babyboomer, die nun ebenfalls pflegebedürftig werden. Es gibt also erstmals zwei Generationen, die gleichzeitig auf Pflege angewiesen sind: die Babyboomer und deren Eltern.”
Erneut angesprochen auf den Anstieg in der Babyboomer-Generation, erklärte Lauterbach, dass es Krankheiten gibt, bei denen Betroffene früher nicht lange überlebten, die jedoch durch medizinische Fortschritte heute oft in jungen Jahren zu Pflegebedürftigkeit führen können. Er führte weiter aus:
“Nehmen Sie zum Beispiel Menschen mit schweren Behinderungen oder Unfallopfer mit massiven bleibenden Schäden. Durch die Erfolge der Medizin ist die Gruppe derjenigen größer geworden, die schon in jungen Jahren pflegebedürftig sind. Das stellt uns vor besondere Herausforderungen.”
Ein wesentliches Anliegen der Bundesregierung sei es daher, eine langfristig tragfähige Finanzierung der Pflege zu sichern. Lauterbach schlägt vor, die Beiträge zur Versicherung regelmäßig zu erhöhen. Um geeignete Finanzierungsmodelle zu entwickeln, arbeitet aktuell eine Arbeitsgruppe aus mehreren Ministerien an Vorschlägen für eine Finanzreform, die bis Ende Mai fertiggestellt sein sollen, in der verschiedene Lösungsoptionen fair und objektiv verglichen werden sollen.
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