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In Görlitz, einer Stadt in Sachsen, endet eine 175-jährige Tradition in der Schienenfahrzeugherstellung, berichtet der MDR. Der Standort des Unternehmens Alstom wird vom Rüstungskonzern KNDS, einem deutsch-französischen Unternehmen, übernommen. Diese Überleitung wurde offiziell gemacht, als Bundeskanzler Olaf Scholz und die beteiligten Unternehmen in Görlitz einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten. Scholz betonte dabei, dass es eine “sehr gute Nachricht” sei, dass trotz des Firmenwechsels Industriearbeitsplätze in der Region erhalten bleiben.

Dennoch stehen Arbeitsplatzverluste bevor: Von den 700 Stellen werden 120 im Zuge der Umstrukturierung abgebaut. KNDS plant, am Görlitzer Standort verschiedene Komponenten für den Leopard 2 Kampfpanzer sowie für den Schützenpanzer Puma zu fertigen.

Bis 2026 wird das Werk in Görlitz noch Double-Deck-Züge für Israel und Straßenbahnen unter anderem für Göteborg und Magdeburg produzieren. Über den weiteren Verlauf dieser Projekte sagte die Unternehmensleitung von Alstom und KNDS, dass einige Aufträge möglicherweise an andere Standorte verlegt werden könnten.

Florian Hohenwarter von KNDS bekräftigte, dass “Verlässlichkeit und Langfristigkeit” dem Unternehmen wichtig seien und betonte, Görlitz sei dafür der richtige Standort. Er lobte insbesondere die Qualifikation der Mitarbeiter, die den Wechsel von der Waggonproduktion zur Rüstungsfertigung ermöglichen. KNDS plant, erhebliche Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe in den neuen Standort zu investieren.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach sich lobend über Bundeskanzler Scholz aus und betonte, die Fortführung des Werks wäre ohne dessen Engagement nicht möglich gewesen. Er begrüßte die Sicherung von Arbeitsplätzen und Fachwissen in der Region. Florian Hohenwarter von KNDS fügte hinzu, dass der Standort Görlitz helfen würde, die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken.

Die Umrüstung des Werks hat jedoch auch Kritik hervorgerufen, insbesondere gegen die bevorstehende Rüstungsproduktion. Scholz verteidigte die Entscheidung und betonte, dass dadurch die Sicherheit in Deutschland erhöht werde. Er verwies dabei auch auf die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zur Verfügung gestellte Sonderkreditlinie von 100 Milliarden Euro für Rüstungsinvestitionen und den notwendigen Aufbau einer robusten Verteidigungsindustrie in Europa.

Nicht alle politischen Stimmen bejahen diese Entwicklungen; verschiedenen Parteien und Bürgergruppen haben gegen die Umlenkung der Produktion protestiert. In Görlitz wurden Kundgebungen und Mahnwachen abgehalten, bei denen die Umrüstung des Werks in ein Rüstungszentrum angeprangert wurde. Insbesondere kritisierten lokale linkspolitische Führer den Verlust der Zugproduktion. Stefan Hartmann, der Landesvorsitzende der Linken in Sachsen, bezeichnete es als “Sauerei”, dass Scholz die Verdrängung der Doppelstockzüge durch Leopard-Panzer feiert.

Auch die Mitarbeiter sind teilweise unzufrieden mit den Veränderungen und denken über Stellenwechsel nach, während kritische Bürgerorganisationen die Priorisierung von Militärausgaben über Investitionen in Infrastruktur und Bildung bemängeln. Der Bürgermeister von Görlitz, Octavian Ursu (CDU), sieht in der Übernahme jedoch eine Chance für die Stadt, ähnlich wie in Niesky, wo bereits eine Waggonproduktion geschlossen wurde.

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