Jugendliche und junge Erwachsene zeigen sich in einer aktuellen Studie unzufriedener als zuvor und neigen vermehrt dazu, die AfD zu unterstützen. Würde gegenwärtig eine Bundestagswahl stattfinden, würden 22 Prozent der Befragten im Alter von 14 bis 29 Jahren für die AfD stimmen – ein Anstieg von mehr als dem Doppelten im Vergleich zu vor zwei Jahren, wie die repräsentative Erhebung “Jugend in Deutschland 2024” ergab.
Im Jahr 2022 hatten sich noch neun Prozent für die AfD entschieden, im letzten Jahr waren es zwölf Prozent. Laut der jüngsten Studienergebnisse würden 20 Prozent die Union wählen, 18 Prozent die Grünen, 12 Prozent die SPD, acht Prozent die FDP und sieben Prozent die Linke.
Die von den Jugendforschern Simon Schnetzer und Klaus Hurrelmann, sowie dem Politikwissenschaftler Kilian Hampel durchgeführte Studie befragte Anfang dieses Jahres bundesweit über 2.000 junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren zu ihrer Parteipräferenz, größten Sorgen, persönlichen und gesellschaftlichen Lagebewertungen.
Nach den anhaltenden Auswirkungen der Corona-Pandemie stehen nun vor allem wirtschaftliche und politische Zukunftssorgen im Vordergrund, wie zum Beispiel Inflation, hohe Mieten, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten oder die gesellschaftliche Spaltung, beschreiben die Autoren. “Die Pandemie scheint eine tiefgreifende Verunsicherung hinterlassen zu haben, die das Vertrauen in die Bewältigung zukünftiger Herausforderungen erschüttert”, so die Studie.
Die Verdopplung der Zustimmungsrate für die AfD innerhalb eines Jahres auf 22 Prozent lässt politisch Beobachtende alarmieren, wie etwa den grünen Bildungspolitiker Kai Gehring. Er fordert ein Überarbeiten der Lehrpläne: “Alle 16 Lehrpläne der Bundesländer benötigen eine Überprüfung und Aktualisierung des Unterrichts zu Themen wie dem Scheitern der Weimarer Republik, der Machtergreifung Hitlers, dem Holocaust und den Gräueltaten der NS-Diktatur”, so Gehring gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.
“Das Bildungssystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Demokratiebildung, der historischen Bildung und der Vorbeugung gegen antidemokratischen Extremismus”, führte der Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses weiter aus. “Die gegenwärtige Polykrise und Komplexität verlangen von Jugendlichen eine stärkere Resilienz, gezielte politische Bildung und ein ausgeprägtes Geschichtsbewusstsein, um gegen rechtsextreme und extremistische Parolen gewappnet zu sein.”
Gehring sieht die Studienergebnisse als Anlass dafür, dass Schulen bundesweit und durchgängig stärker zu Orten der Demokratiebildung und des Geschichtsbewusstseins werden sollten. “Ich appelliere an die Bundesländer und die Kultusministerkonferenz, den Unterricht in Fächern wie Sachkunde, Sozialwissenschaften, Politik und Geschichte spürbar und für alle Altersgruppen zu intensivieren”, betonte er.
Die wachsende Zustimmung zur AfD unter jungen Menschen sorgte für großes Medienecho. Trend- und Zukunftsforscher Tristan Horx begründete dies bei Welt TV besonders mit der Schwäche anderer Parteien, die die Interessen junger Wähler zu wenig berücksichtigen. “Die Jugend fühlt sich von den etablierten Parteien ignoriert, und die AfD nutzt diese Schwäche gnadenlos aus”, erklärte er.
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