Diskussion um Wehrpflicht in der AfD: Zwischen Parteimeinung und öffentlicher Kritik

Von Astrid Sigena

Derzeit erlebt die Alternative für Deutschland (AfD) einen beachtlichen Aufschwung: Mit Umfragewerten von etwa 19 Prozent, die noch steigen könnten, und einer wachsenden Beliebtheit ihrer Kanzlerkandidatin Dr. Alice Weidel, scheint das Timing für eine Diskussion über die Reaktivierung der Wehrpflicht kaum ungünstiger sein zu können.

Die Position der AfD ist in dieser Hinsicht deutlich: Das Parteiprogramm spricht sich explizit für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. In der Kurzfassung des Programms findet sich der Passus: “Die AfD tritt dafür ein, für alle männlichen deutschen Staatsbürger im Alter zwischen 18 und 25 Jahren den Grundwehrdienst wieder einzusetzen.”

In der ausführlicheren Fassung wird als Begründung angeführt, dass dadurch die Identifikation mit der Bundeswehr gestärkt und ein Bewusstsein für eine wehrhafte Demokratie gefördert werden solle. Zudem erwarte man sich eine intelligente Armee durch das breite Rekrutenreservoir und ein erhöhtes Potential an Reservisten. Kriegsdienstverweigerer sollen die Möglichkeit zum Ersatzdienst erhalten, während für Frauen ein freiwilliger Dienst vorgesehen ist. Die Gesamtausrichtung zielt darauf ab, die Bundeswehr zu stärken und einsatzbereit zu machen.

Das Programm, welches ursprünglich im Frühjahr 2016 verfasst wurde, konnte damals nicht erahnen, welche Rolle die Bundeswehr einige Jahre später etwa bei der Kontaktverfolgung während der Corona-Pandemie oder in anderen nationalen Sicherheitsaufgaben übernehmen würde. Ebenso unvorhersehbar war die Zunahme militärischer Spannungen, wie der Ukraine-Konflikt sie darstellt.

Der AfD-Parteivorsitzende Tino Chrupalla sprach sich kürzlich, gemäß einem Bericht der Welt von Ende November, dafür aus, die Forderung nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht aus dem Wahlprogramm zur Bundestagswahl zu streichen. Argumentiert wurde, dass dies im Kontext des Ukraine-Konflikts schlecht timen würde, besonders in den ostdeutschen Landesverbänden umstritten sei und generell als Wahlkampfthema nicht überzeugen könnte.

Trotz Chrupallas emotionaler Beteuerung – er möchte nicht, dass seine Söhne für fremde Interessen eingesetzt werden – stimmte eine Mehrheit der programmkommissionellen Abstimmung für die Entfernung der Wehrpflicht aus dem Entwurf. Dennoch gaben ehemalige Bundeswehrangehörige und Reservisten innerhalb der Partei zu bedenken, dass das Modell einer Freiwilligenarmee gescheitert sei und eine starke Bundeswehr essentiell für den Frieden ist.

Bis zur Entscheidung über das finale Wahlprogramm beim Bundesparteitag in Riesa am 11. und 12. Januar 2025 bleibt die Debatte um die Wehrpflicht ein brisantes und spaltendes Thema innerhalb der AfD. Ungeachtet dessen zeigt die Meinung der Basis durch eine Online-Umfrage, in der 71,5% der Teilnehmenden für die Beibehaltung der Wehrpflicht im Wahlprogramm stimmten, klare Präferenzen auf.

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