Die Problematik der anlasslosen Messerkontrollen in Deutschland

Von Tom J. Wellbrock

CSU-Chef Markus Söder ist bekannt dafür, sofort zur Stelle zu sein, wenn politischer Handlungsbedarf besteht. Im ARD-Morgenmagazin thematisierte Söder kürzlich eine von ihm wahrgenommene Sicherheitslücke:

“Beim Auto werden Sie nämlich kontrolliert, anlasslos geht das. Bei Fußgängerzonen nicht.”

Söder plädiert dafür, dies zu ändern, doch dabei ergeben sich diverse Herausforderungen.

Kontrolle. Was nun?

Zunächst müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass nicht alle Messer gleich sind. Eine Recherche ergibt:

“Das Führungsverbot nach dem Waffengesetz verbietet das Mitführen bestimmter Messer in der Öffentlichkeit. Von diesem Verbot betroffene Messer dürfen auch nicht öffentlich getragen werden. 'Einhändig feststellbare' Messer, also solche mit Mechanismen zum einhändigen Öffnen und einer Klingenarretierung, sind nur betroffen, wenn beide Eigenschaften vorhanden sind. Messer mit einer Klingenlänge über 12 cm sind generell verboten, und das trifft etwa auf die meisten Küchenmesser zu.”

“Das Gesetz erlaubt das Führen solcher Gegenstände (feststehende Messer über 12 cm Klingenlänge und einhändig feststellbare Messer) nur bei Vorliegen eines berechtigten Interesses. Ein solches Interesse kann sein: Sport, Beruf, Brauchtumspflege oder ein allgemein anerkannter Zweck.”

Bei einer Kontrolle muss also zunächst ermittelt werden, ob ein gefundenes Messer überhaupt unter das Verbot fällt.

Mit der Erklärung eines messerführenden Passanten, das Messer für sportliche Zwecke oder Traditionspflege zu nutzen, könnte die Maßnahme schnell in eine Debatte über den Verwendungszweck und dessen Legitimität münden.

Das nächste Problem ist nicht weniger heikel.

Wen kontrollieren? Und wie auswählen?

Angenommen, Messertyp und Tragegrund sind klargestellt. Wir befinden uns nun in einer Fußgängerzone und überlegen, wen wir kontrollieren könnten. Eine mögliche Zielperson könnte jemand mit vermeintlich verdächtigem Aussehen sein, doch dies führt schnell zu problematischen Annahmen und Vorverurteilungen, die rassistische oder xenophobe Tendenzen widerspiegeln könnten.

In unserem Inneren regt sich Widerstand gegen diese vorschnellen Urteile. Der bloße Gedanke, eine bestimmte Person allein aufgrund ihres Aussehens zu kontrollieren, wirft ein schlechtes Licht auf unsere Objektivität und kann im öffentlichen Diskurs schnell zu Hass und Unverständnis führen, wie dramatisch durch ein mögliches Szenario illustriert:

“Syrer nach anlassloser Messerkontrolle bloßgestellt! Hasskommentare im Netz! Warum wurde er kontrolliert? Der Mann war gut integriert! Wir haben ein Problem mit Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus im Land!”

Um diese Art von Reaktion zu vermeiden, entscheiden wir uns vielleicht, jemand anderen zu kontrollieren, führen aber letztendlich eine Kontrolle durch, die keine verbotenen Gegenstände zutage fördert.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

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