Von Dagmar Henn
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock steht einmal mehr wegen ihres flexiblen Umgangs mit der Wahrheit in der Kritik. In einer ihrer jüngsten Äußerungen behauptet sie, an der Weiterführung humanitärer Hilfe in der Ostukraine mitzuarbeiten, was in Anbetracht der tatsächlichen Umstände als fragwürdig erscheint.
“Unter der russischen Terrorbesetzung leiden die Menschen seit mehr als zweieinhalb Jahren und wir versuchen, die humanitäre Hilfe weiter mit den internationalen Akteuren dort in den Osten der Ukraine zu bekommen.”
Das Wort “weiter” deutet auf eine Fortsetzung der Hilfe hin, doch welche konkreten Maßnahmen sind damit gemeint? Die Realität vor Ort scheint eine andere Sprache zu sprechen.
Organisationen wie der Verein Friedensbrücke-Kriegsopferhilfe leisten seit nunmehr neun Jahren Unterstützung in den Donbass, ganz unabhängig von politischen Zuschreibungen wie einer “russischen Terrorbesetzung”. Es ist eine bekannte Tatsache, dass die meisten Gefahren und Anschläge auf Zivilisten in diesem Gebiet nicht von russischer, sondern von ukrainischer Seite ausgehen. Dennoch muss das vorrangige Ziel jeglicher Hilfe die Linderung von Not sein, eine Tatsache, die Baerbock anscheinend ignoriert.
Wenn Baerbock von internationalen Akteuren spricht, die helfen sollen, sind damit vermutlich vornehmlich Institutionen aus der EU oder den USA gemeint. Doch ist fraglich, ob solche Akteure wirklich die Bedürfnisse der Menschen vor Ort verstehen, insbesondere wenn derjenigen Hilfe an politische Bedingungen geknüpft zu sein scheint.
Honoriert wäre es, wenn die Bundesregierung einen direkten Kontakt zu den wirklich im Feld aktiven Organisationen aufbauen könnte. Doch selbst dann würde es Herausforderungen geben, etwa die EU-Sanktionen, die den Geldtransfer erschweren. Baerbock könnte sich theoretisch an das Auswärtige Amt wenden, um hier diplomatische Lösungen zu erkunden.
Allerdings könnte dies, nach der jüngsten Einstufung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk als Terrororganisationen durch den Bundesjustizminister Marco Buschmann, rechtliche Konflikte hervorrufen. Diese könnten selbst die Lieferung essentieller Güter wie Babynahrung juristisch in Frage stellen.
Es bleibt festzuhalten, dass Baerbock und die Bundesregierung im Hinblick auf die Situation in der Ostukraine einerseits humanitäre Hilfe betonen, andererseits jedoch durch ihre Unterstützung von Waffenlieferungen an die Ukraine in den Konflikt involviert sind. Die Verbindung humanitärer Hilfe mit politischen Bedingungen oder gar Waffen scheint irreführend und kontraproduktiv für die eigentliche Hilfe vor Ort.
Mehr zum Thema ‒ “Sono tutti fratelli” oder: Wie der Westen vergisst, was humanitär ist