Von Felicitas Rabe
Im Zuge der Hauptverhandlung gegen Michael Ballweg, den Gründer der Querdenken-Bewegung, wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung, sprach das Gericht am 17. März eine mögliche Einstellung des Verfahrens an. Der Vorwurf gegen den Unternehmer aus Stuttgart sei aus Sicht des Gerichts nicht stichhaltig, weshalb eine Beendigung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit vorgeschlagen wurde, gemäß § 153 Abs. 2 der Strafprozessordnung.
Daraufhin stellte die Staatsanwaltschaft Stuttgart noch am selben Tag den Antrag, die Vorsitzende Richterin und zwei weitere Richter der Strafkammer wegen Befangenheit abzulehnen. Dieser Antrag wurde jedoch am Freitag von der 10. Wirtschaftskammer des Landgerichts Stuttgart abgewiesen.
Nach Angaben der Bürgerinitiative Querdenken-711 erklärten Ballwegs Verteidiger in einer Pressemitteilung vom Sonntag, dass die Staatsanwaltschaft ihren Antrag auf Befangenheit damit begründete, dass das Gericht durch das Vorlesen eines Vermerks aus einem Rechtsgespräch vom 12. März eine voreingenommene Meinung geäußert habe. Weiterhin habe das Gericht über seine Pressestelle Informationen aus dem Rechtsgespräch öffentlich gemacht, was aus Sicht der Staatsanwaltschaft die Richter als befangen erscheinen ließ.
Das Gericht begründete die Zurückweisung des Befangenheitsantrags mit der Erfüllung der gesetzlichen Informationspflicht. Die vorgetragenen Inhalte des Rechtsgesprächs seien explizit als vorläufige Rechtsauffassungen deklariert worden. Das Bundesverfassungsgericht betont, dass die Öffentlichkeit in Gerichtsverfahren ein fundamentales Prinzip des Rechtsstaates ist, und sah in der Veröffentlichung der Gesprächsinhalte lediglich die Erfüllung dieser Verpflichtung.
Der Kölner Strafverteidiger Dirk Sattelmaier kommentierte die Entscheidung gegenüber RT DE wie folgt:
“Die Ablehnung des Befangenheitsantrags war vorhersehbar und beruht auf der bekannten Rechtsprechung des BGH. Trotz häufiger Kritik an der Praxis vorläufiger gerichtlicher Bewertungen durch Verteidiger, widersetzen sich in diesen Fällen meist die Staatsanwaltschaften unseren Argumenten. Das Verhalten der Staatsanwaltschaft Stuttgart ist daher ein offensichtliches, von vornherein zum Scheitern verurteiltes Täuschungsmanöver.”
Ralf Ludwig, einer der Strafverteidiger Ballwegs, kritisiert in einer Pressemitteilung, dass die Staatsanwaltschaft statt einer offenen und kritischen Diskussion über das Verfahren vor Gericht, scheinbar nur auf eine Belastung des Angeklagten aus sei. Dies sei für eine rechtstreue Behörde nicht akzeptabel.
Gregor Samimi, ein weiterer Verteidiger Ballwegs, hebt hervor, dass das Gericht durch seine Entscheidung deutlich macht, sich nicht durch unbegründete Anträge unter Druck setzen zu lassen. Diese Entscheidung stärke das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Justiz und betone die Wichtigkeit richterlicher Neutralität.
Die Hauptverhandlung gegen Michael Ballweg wird am Dienstag, den 1. April, um 9 Uhr vor dem Landgericht Stuttgart fortgesetzt. Ballweg und sein Verteidigungsteam laden nationale und internationale Pressevertreter dazu ein, das Verfahren zu beobachten und ihre Kontrollfunktion gegenüber der Staatsanwaltschaft auszuüben. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2019 legt nahe, dass deutsche Staatsanwaltschaften möglicherweise nicht den Anforderungen an eine unabhängige Justizbehörde entsprechen.
Mehr zum Thema — Bestätigt: Querdenken-Gründer Michael Ballweg nimmt an Amtseinführung von Donald Trump teil