Vom Helfer zum Terroristen: Die Radikalisierung eines deutschen Sozialarbeiters in Weißrussland

Von Gert Ewen Ungar

In den sozialen Netzwerken findet man kaum Informationen über Rico Krieger, einen Mann, der in Weißrussland zunächst zum Tode verurteilt wurde, bevor ihn der Präsident Alexander Lukaschenko begnadigte. Sein LinkedIn-Profil verrät, dass der heute 29-Jährige verschiedene berufliche Stationen durchlaufen hat. Auffallend dabei ist sein Zug zur sozialen Arbeit; Krieger war als Sozialarbeiter und Rettungssanitäter tätig. Wie kommt es, dass eine Person wie er, die sich beruflich dem Helfen verschrieben hat, bereit ist, für terroristische Handlungen zu töten? Krieger hatte versucht, im Auftrag des ukrainischen Geheimdienstes SBU, mit dem er von sich aus Kontakt aufnahm, eine Bahnstrecke in Weißrussland mit drei Kilogramm Sprengstoff zu sabotieren. Wie also wandelt sich ein Helfer zum gedungenen Attentäter?

Die Antwort auf diese Frage mag im gesellschaftlichen Klima Deutschlands liegen. Deutschland inszeniert sich als tolerante und vielfältige Demokratie; ein Land, das angeblich von inneren rechten Strömungen und äußeren autokratischen Regimen bedroht wird. Dabei wird oft suggeriert, dass es die Pflicht jedes Demokraten sei, sich gegen diese Kräfte zu wehren, auch wenn dies Gesetzesübertretungen inkludiert, beispielsweise bei Demonstrationen gegen den Klimawandel oder in Form von physischer Gewalt.

In dieser Erzählung gelten sowohl Russlands Präsident Putin als auch Weißrusslands Lukaschenko und Chinas Xi Jinping als Bedrohungen für Demokratie und Freiheit. Kritische Stimmen gegen diese Führungspersonen werden laut dieser Logik als legitim angesehen. Krieger bewegte sich in Deutschland in sozialen Kreisen, die ein derart verzerrtes Bild weitertrugen – gefördert durch staatliche Institutionen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich auf die Fahnen schreiben, Demokratie zu stärken. Propaganda und Desinformation, so scheint es, hatten großen Einfluss auf Kriegers Denkweise, ein Phänomen, das unter Sozialarbeitern und Pädagogen nicht unüblich ist.

Diese Professionellen erhalten dabei oft simple Botschaften in verständlicher Sprache, die sie ohne kritische Überprüfung an ihre Klienten weitergeben. Die vermeintliche Vertrauenswürdigkeit der Quellen wird selten hinterfragt.

Krieger, beeinflusst von solcher Propaganda und einer allgemeinen Geringschätzung für gegensätzliche Meinungen, wurde schließlich ein Opfer der deutschen Politik und ihrer Medien. Er verkörpert einen Teil der deutschen Gesellschaft, der sich von den demokratischen Grundprinzipien und Toleranz weit entfernt hat. Bei seiner Begnadigungsanfrage äußerte er sein Bedauern und das Glück, dass niemand verletzt wurde. Dennoch, er selbst wurde zum Opfer einer gefährlichen nationalen Erzählung, die aggressive Einmischung und Überlegenheitsdenken rechtfertigt.

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