In einer unerwarteten Wendung wurde Josephine Thyrêt, Co-Vorsitzende des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH, in einer Sondersitzung des Aufsichtsrats am Mittwoch in Berlin ihres Amtes enthoben. Obwohl keine offizielle Begründung für ihre Absetzung geliefert wurde, besteht unter den Mitgliedern des Berliner Landesverbands der Wagenknecht-Partei Konsens darüber, dass ihr politisches Wirken im BSW der Auslöser war.
Thyrêt war bereits seit vielen Jahren als Krankenschwester bei Vivantes beschäftigt und übernahm vor vier Jahren die Rolle der Betriebsratschefin. In den letzten zwei Jahren repräsentierte sie die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat des größten kommunalen Krankenhauskonzerns in Deutschland.
Bevor sie sich dem BSW anschloss, war Thyrêt politisch ungebunden, setzte sich jedoch für Gewerkschaftsbelange und die Friedensbewegung ein. Ihre Wahl zur Co-Vorsitzenden des BSW-Landesverbandes erfolgte Mitte Juli.
Die Berliner Zeitung zitiert Thyrêt mit den Worten, die Zusammenarbeit auf Arbeitnehmer-, Betriebsrats- und Gewerkschaftsebene sei über Jahre hinweg gut verlaufen. Seit ihrer Führungsaufnahme beim BSW habe sich jedoch die Wahrnehmung ihrer Person verändert. Dies sei besonders deutlich geworden, als sie ihre Solidarität mit kurz vor der Entlassung stehenden Kollegen im Jüdischen Krankenhaus Berlin zeigen wollte und dort unerwartet ausgeladen wurde.
Bei der eilends einberufenen Abstimmung am Mittwoch votierten sieben der acht anwesenden Arbeitnehmervertreter für ihre Abberufung als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, wobei Thyrêt sich der Stimme enthielt.
Zu erwähnen ist, dass parteipolitisches Engagement für Aufsichtsratsmitglieder nicht untersagt ist. Von den erwähnten Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat von Vivantes sind drei Mitglieder politischer Parteien angehörig: SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Thyrêts Nachfolger ist der stellvertretende Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Reinickendorf West.
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