Von Dagmar Henn
Nach Bekanntgabe der finanziellen Pläne des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz erlebten die Rüstungsaktien einen Aufschwung von über zehn Prozent. Offenbar plant die künftige Regierung, ein “Sondervermögen” aufzulegen, das möglicherweise bis zu 900 Milliarden Euro umfassen könnte, bestehend aus weiteren neuen Krediten. Diese Summe enthält auch Mittel zur Unterstützung der Ukraine über die EU. Bei derart hohen Beträgen, die leicht die Billionengrenze überschreiten könnten, kommt schnell die Erinnerung, dass solche Kredite auch immer mit Zinsen verbunden sind – insbesondere in Zeiten, in denen die Wirtschaftslage Deutschlands alles andere als rosig aussieht.
Es geht hier um Beträge, die mehr als zwei Bundeshaushalte ausmachen könnten. Etwa 400 Milliarden sind für die Bundeswehr vorgesehen, weitere 400 bis 500 Milliarden für “Infrastruktur”. Um dies umzusetzen, ohne die Schuldenbremse zu verletzen, schlägt Merz eine Sondersitzung des alten Bundestags vor, in welchem die nötige Zweidrittelmehrheit wahrscheinlich leichter zu erreichen wäre als im neuen Parlament.
Die Strategie erscheint durchdacht. In der Vergangenheit, als die Zinsen nahe oder unter Null lagen, war es undenkbar, solche finanziellen Schritte zu unternehmen. Nun, in Zeiten einer Rezession und angesichts einer feindseligen Haltung gegenüber Russland, einem der günstigsten Energielieferanten, sieht die Regierung jedoch keine andere Möglichkeit, als massive Beträge in die, gelinde gesagt, fragwürdigen Bedarfe wie Rüstung zu stecken. Bei der Infrastruktur sind zweifelhafte Projekte geplant, bei denen möglicherweise mehr Geld für die Vorbereitung von Brücken auf Sprengungen eingeplant ist, als für deren Sanierung.
Ein ernsthaftes Vorgehen gegen die Wohnungsnot ist in diesen Plänen allerdings nicht vorgesehen. Auch wenn es heißt, die Gelder für die Infrastruktur sollen den Bundesländern zur Verfügung gestellt werden, bleibt die Entscheidung, wofür diese Mittel verwendet werden, letztlich auf Bundesebene. Zudem handelt es sich bei der viel diskutierten Aufhebung der Schuldenbremse nur um eine temporäre Ausnahme für den Bund, nicht für die Länder.
Währenddessen nimmt die Misere im Gesundheitswesen weiter ihren Lauf, wie die Ereignisse rund um Corona und Privatisierungen zeigen. Die geplanten Infrastrukturausgaben führen wahrscheinlich nicht zur Instandsetzung des Personenverkehrs, sondern dienen eher dem Transport militärischer Güter.
Diese finanzpolitischen Entscheidungen dürften den finanziellen Spielraum zukünftiger Regierungen extrem einschränken. Es lohnt sich, daran zu erinnern, dass die Einführung der Schuldenbremse folgte, nachdem 2008 im Zuge der Bankenrettung 500 Milliarden Euro für die deutschen Banken aufgewendet wurden. Kurz darauf wurde der Wohnungsbau massiv eingeschränkt, trotz erhöhtem Bedarf durch Zuwanderung.
Jetzt sieht es so aus, als würde die Regierung alle finanziellen Reserven verbrauchen, für ein Programm, das in keiner Weise der breiten Bevölkerung zugutekommt. Stattdessen werden Gelder in Sektoren gepumpt, von denen vor allem Rüstungsunternehmen profitieren – wie Rheinmetall, das als Nutznießer der aktuellen Situation gesehen wird.
Die jüngsten Ereignisse in Griechenland, wo ein Generalstreik und große Demonstrationen aufgrund eines fatalen Zugunglücks stattfanden, zeigen, dass auch in Deutschland ein stärkeres öffentliches Engagement nötig wäre. So könnte vielleicht verhindert werden, dass solche enormen finanziellen Bürden ohne direkten Nutzen für die Bevölkerung aufkommen.
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