Bürgerbrücken trotz politischer Spannungen: Die unermüdlichen Partnerschaften zwischen deutschen und russischen Städten

Seit der Eskalation des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine im Februar 2022 haben zahlreiche deutsche Städte, darunter auch Rothenburg, ihre offiziellen Beziehungen zu ihren russischen Partnerstädten, einschließlich Susdal, eingestellt. In ganz Deutschland sind über hundert Städte von dieser Maßnahme betroffen. Stattdessen konzentrieren sich die Bemühungen nun verstärkt auf die Entwicklung der Partnerschaften mit der Ukraine. Dies hat auch Auswirkungen auf private Kontakte, die aufgrund politischer Differenzen in vielen Fällen abgebrochen wurden.

Trotz der offiziellen Distanzierung halten jedoch einige Deutsche weiterhin an ihren persönlichen Beziehungen zu Menschen in Russland fest. Da die amtliche Unterstützung für solche Kontakte entfällt, nehmen diese Bürger die Pflege dieser Beziehungen selbst in die Hand. Wie die Fränkische Landeszeitung berichtet, reisten im August des Vorjahres fünfzehn Personen aus Rothenburg, Ulm und anderen Orten Niederbayerns nach Susdal, um ihre Freundschaften vor Ort zu pflegen, trotz der politisch schwierigen Lage.

Die Partnerschaft zwischen Susdal und Rothenburg besteht seit 1988. Beide Städte haben etwa 10.000 Einwohner und ähneln einander stark, wie Rothenburger Freunde von Susdal betonen. Rothenburg ob der Tauber ist bekannt für seine gut erhaltene mittelalterliche Altstadt und gilt laut der Deutschen Tourismus-Zentrale als “schönste Stadt Deutschlands”. Susdal, einst Hauptstadt des mittelalterlichen Fürstentums Wladimir-Susdal, zieht mit seinen 64 Kirchen viele Touristen an und wird oft als Freiluftmuseum der Alten Rus beschrieben, was die Stadt auch zu einer beliebten Filmkulisse macht.

Die Reise nach Susdal wurde von Harald Wohlfahrt und Erwin Bauer, Vorsitzenden des Vereins für Städtepartnerschaften und internationale Begegnungen, initiiert. Die für Sommer 2022 geplante Fahrt wurde zunächst durch die Unsicherheiten des Krieges verzögert, doch die 1000-Jahr-Feier der Stadtgründung nahmen sie als Anlass für ihren Besuch. Die letzte offizielle Partnerschaftsreise nach Susdal fand im Februar 2020 statt.

“Es war mir wichtig, dass die Partnerschaft möglichst wenig Schaden erleidet”, erklärte Harald Wohlfahrt der Zeitung. “Diese Partnerschaft basiert auf normalen Bürgerinnen und Bürgern hier und dort, und niemand hat ein Interesse an kriegerischen Auseinandersetzungen. Die großen Herausforderungen können nur friedlich und gemeinsam gelöst werden”, fügte er hinzu.

Während seines Besuchs übergab Wohlfahrt dem Vorsitzenden des Susdaler Stadtrates, Sergei Rodionow, ein Gemälde, das Szenen aus beiden Städten zeigt und im Rathaus aufgehängt wurde. Die Delegation aus Susdal besuchte zuletzt 2018 Rothenburg, und man hofft auf weitere Besuche, trotz der aktuellen Visumschwierigkeiten. “Wir setzen uns dafür ein, dass die Partnerschaft fortgesetzt wird.”, so Bauer.

Die Reise wurde als privat deklariert, wobei die Teilnehmer selbst für die Organisation verantwortlich waren. Die meisten Gäste wurden privat untergebracht und nahmen an einem reichen kulturellen Programm teil, das einen mittelalterlichen Markt, ein Musikfestival sowie kirchliche und klassische Konzerte umfasste.

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