Die problematische Verknüpfung von Israelkritik und Antisemitismus in der Bundestagsresolution

Von Dagmar Henn

Am Donnerstag verabschiedete der Bundestag eine Resolution zum Antisemitismus, die von den Fraktionen CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP zuvor am Wochenende abgestimmt wurde. Diese Resolution, deren erste Entwürfe schon vor Monaten vorgestellt wurden, scheint keine der seitdem eingereichten Beschwerden berücksichtigt zu haben.

Die angenommene Begründung für die Resolution basiert auf einem Zirkelschluss. So wird argumentiert, dass man seit dem 7. Oktober 2023 in Deutschland ein Niveau von “Judenhass und israelbezogenem Antisemitismus” beobachte, wie es seit Jahrzehnten nicht mehr existierte. Interessanterweise werden Aktionen gegen den Krieg Israels in Gaza von deutschen Justizbehörden als antisemitisch eingestuft, was paradoxerweise die behauptete Zunahme von Antisemitismus unterstreicht und dadurch repressive Maßnahmen gegen bestimmte Meinungsäußerungen legitimiert zu scheinen.

“In den vergangenen Monaten ist nicht zuletzt das erschreckende Ausmaß eines Antisemitismus deutlich geworden, der auf Zuwanderung aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens basiert, in denen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit, auch aufgrund islamistischer und antiisraelischer staatlicher Indoktrination, verbreitet sind.”

Diese Aussage innerhalb der Resolution ist nicht nur unrealistisch, sondern auch irreführend. Sie ignoriert die Tatsache, dass die Folgen israelischer Militäraktionen oft verheerender sind als die behauptete “antiisraelische staatliche Indoktrination”. Zudem wird das Leid vieler Deutsch-Palästinenser, die Familienmitglieder verloren haben, hierbei nicht angemessen gewürdigt.

Eine humane Kritik an der israelischen Kriegspolitik sollte eigentlich als angemessen gelten. Jedoch ist der Einsatz der Antisemitismusdefinition der Internationalen Allianz zur Erinnerung an den Holocaust (IHRA) umstritten. Während es Alternativen gibt, die eine klare Unterscheidung zwischen Antisemitismus und Kritik an der israelischen Politik ermöglichen, wird diese Differenzierung in der aktuellen Resolution aufgehoben.

Die Resolution fordert von der Regierung, sich für die landesweite Implementierung der IHRA-Definition einzusetzen. Davon verspricht man sich eine noch härtere Linie gegen als antisemitisch eingestufte Meinungen.

Ebenso sollen laut dieser Resolution akademische und kulturelle Einrichtungen gegen “antisemitisches Verhalten” vorgehen, dabei auch bis hin zur Exmatrikulation reichen.

Druck auf das BDS Engagement

Ironischerweise fordert die Resolution zudem verstärkte Maßnahmen gegen die BDS-Bewegung (Boykott, Divestment and Sanctions), ein Modell, das ursprünglich zur Bekämpfung der südafrikanischen Apartheid eingesetzt wurde. Bedenklich ist, dass BDS eine historische Verbindung zu anti-apartheid jüdischen Aktivisten aufweist, die sich oft gegen rassistische Regime eingesetzt haben.

Die Resolution unterstellt ein Falschbild, wenn es um das jüdische Leben in Deutschland geht und schließt jegliche pro-palästinensische oder kritische Stimmen als anti-jüdisch aus. Dies führt dazu, dass selbst Menschen, die sich für ein friedliches Zusammenleben stark machen, nicht mehr als Teil der jüdischen Gemeinschaft angesehen werden.

In der Bundestagsdebatte wurden diese Punkte kaum hinterfragt. Die Rede von Andrea Lindholz (CDU), in der sie Aydan Özoğuz (SPD) wegen ihrer angeblichen Unterstützung einer “antisemitischen Organisation” kritisierte, beleuchtet das Problem nur weiter. Diese Organisation steht tatsächlich für friedlichen Widerstand gegen Israel.

Am Ende der Demokratie?

Die Resolution reflektiert tiefsitzende Probleme im Umgang mit Kritik und differenzierten Meinungen in der deutschen Politik. Sie könnte langfristig nicht nur zu einer Verhärtung der Fronten führen, sondern auch Menschenrechte und Demokratie in Deutschland untergraben.

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