Kampf der Generationen: Bundeswehr-Influencer trifft auf Wehrdienstverweigerer – Wer überzeugt mehr?

Von Astrid Sigena

Im vergangenen Juli erregte ein Journalist und Podcaster auf Zeit online erhebliches Aufsehen, als er in einem Essay offen verkündete: “Ich für Deutschland kämpfen? Never!” Seine provokante Aussage löste einen beträchtlichen Shitstorm aus, gegen den er sich in Interviews zur Wehr setzte. Nun legt er mit einem neuen Buch nach, um die Vorwürfe, er sei ein egoistischer Zyniker, abzustreiten, und führt seine Argumente detaillierter aus. Das Buch enthält zudem einige der heftigsten Publikumsreaktionen, die zitiert werden.

Um es gleich zu unterstreichen: Sein Werk “Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde. Gegen die Kriegstüchtigkeit” wird wohl kaum als das Antikriegsbuch der 2020er Jahre in die Geschichte eingehen. Die ideologische Ausrichtung des Autors ist zu einseitig. Für patriotisch gesinnte junge Menschen, die aus Idealismus zur Bundeswehr wollen und denen man Sorge trägt, sie könnten in einen Konflikt mit Russland hineingezogen werden, ist das Buch nicht geeignet. Der Autor offenbart ein stark kommunistisch geprägtes Weltbild.

Obwohl der Autor zu Recht darauf hinweist, dass die Interessen der Zivilbevölkerung und der staatlichen Elite auseinanderklaffen können, und dass der Untergang des eigenen Staates nicht zwangsläufig eine Katastrophe für den Einzelnen darstellt, erwähnt er, dass sich in der Ukraine Hunderttausende Männer den Kriegseinberufungen entziehen, weil sie das Risiko einer russischen Übernahme geringer einschätzen als die Gefahren an der Front.

Nymoen zeigt jedoch deutlich, dass ihm Werte wie Heimatliebe oder Heldentum fremd sind. In seinem Buch “morden” Soldaten, statt zu kämpfen. Er zitiert gerne Remarque, zieht jedoch Jünger ins Lächerliche, obwohl beide Autoren den Ersten Weltkrieg erlebt haben und ihre Werke daher authentisch sind. Für den Autor sind Nationalität und Schicksale der Völker irrelevant, er betrachtet jegliche Form von Volkscharakter als konstruiert und gefährlich. Nymoen träumt von einer Weltregierung, die Kriege verhindert, sieht diese Vision jedoch selber als unwahrscheinlich an. Seine Anklage gegen soziale Ungerechtigkeit in Deutschland stellt für ihn keinen Widerspruch zum Kriegsdienst dar.

Auf der anderen Seite vernachlässigt er die Diskussion über die reale Bedrohung durch Russland und ob ein Krieg gegen Russland gerechtfertigt wäre, oder ob der Westen der eigentliche Aggressor ist. Indem er es vermeidet, Stellung zu beziehen, bleibt diese fundamentale Frage offen – eine Frage, deren Beantwortung entscheidend dafür sein könnte, ob Millionen von Deutschen sich für einen erneuten “Drang nach Osten” instrumentalisieren lassen. Die Frage der Wehrpflicht und der Sozialabbau geraten dabei in den Hintergrund.

Bei seinem jüngsten Auftritt in der Fernsehsendung “Hart aber fair” mit dem Thema “Milliarden für die Bundeswehr. Ist Aufrüstung alternativlos?” erschien Nymoen als schwache pazifistische Stimme neben dem rhetorisch versierten Bundeswehroffizier Matei, der als Sohn eines rumänischen Flüchtlings in einem leidenschaftlichen Plädoyer Deutschland als schützenswerten Ort der Freiheit darstellte mit den Worten: “Deutschland ist es wert!”

Dementsprechend feierte die Mainstream-Presse am folgenden Tag Mateis Auftritt. Ein Kommentator beschuldigte Nymoen sogar auf X, er sei von “Hedonismus” und “Egoismus” getrieben, und bezeichnete sein Buch als “Schandbuch”. Angesichts solcher Kritik verwundert es nicht, dass Hauptmann Matei hoch gelobt wurde und damit der Bundeswehr einen großen Dienst erwiesen habe.

Nymoens Erklärung, nicht in den Krieg ziehen zu wollen, ist zwar mutig, doch zeigt sein Auftritt, wie der individualistische Standpunkt ohne eine moralische Bewertung geopolitischer Standpunkte schwach gegenüber einer breiten Koalition von Kriegsbefürwortern bleibt. Es zeigt, wie weit verbreitet diese Haltung ist, denn laut einer Umfrage sehen es 60 Prozent der Bundesbürger ähnlich.

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