Von Rainer Rupp
Im Vorfeld der Bundestagswahlen lud das Bündnis Sahra Wagenknecht am Sonntag, den 12. Januar, in Bonn zum 2. Bundesparteitag. Sahra Wagenknechts feurige Rede, in der sie die NATO und deren militärische Politik in der Ukraine kritisierte, überschattete der Einbruch der Umfragewerte des Bündnisses. Von einstigen Prognosen, die zwischen 10 und 20 Prozent schwankten, ist wenig übriggeblieben.
Die aktuellen Umfrageergebnisse sind laut unterschiedlichen Quellen auf etwa 6 bis sogar 4 Prozent gesunken. Sollten sich die niedrigeren Werte bestätigen, könnte das das Aus für das Bündnis bedeuten, das wohl eher als Bewegung denn als formelle Partei agieren möchte. Das Bündnis zeigt sich, wie in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gesehen, bereit, flexibel und gegen den Willen seiner Anhängerschaft zu handeln, wenn dadurch das bestehende System unterstützt wird.
Trotz dieser fragwürdigen Entscheidungen gab es kaum interne Konflikte im Bündnis. Der Grund dafür ist simpel: Mit gerade einmal 1.000 zahlenden Mitgliedern gibt es im Vergleich zu anderen Parteien fast keine Basis für Streitigkeiten. Im Gegensatz dazu zählen die Grünen etwa 50.000 Mitglieder. Klein, aber fein scheint das Ziel der Führungsriege des Bündnisses zu sein, wobei eine begrenzte Mitgliederzahl dazu dient, die Kontrolle innerhalb des Bündnisses zu behalten und die Chancen auf lukrative Positionen zu erhöhen.
Als nächstes stellt sich die Frage, welche externen Faktoren zur starken Schwankung in der Beliebtheit des Bündnisses beigetragen haben könnten. Die anfängliche Begeisterung für die Neugründung zog viel Aufmerksamkeit auf sich und erweckte Hoffnungen bei jenen, die von der herrschenden Parteienmischung enttäuscht waren, aber zugleich eine Alternative zur AfD suchten. Das Bündnis schien diese Alternative zu bieten, was zunächst zu einem Anstieg der Umfragewerte führte. Vor allem in Ostdeutschland wurde das Potenzial des Bündnisses als willkommene Alternative zur AfD hervorgehoben und medial unterstützt.
Nach den Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern stabilisierte die Beteiligung des Bündnisses in Koalitionen das Einheitsparteiensystem, was für die Führungskräfte des Bündnisses finanziell vorteilhaft war, aber auch Enttäuschung bei den Wählern hervorrief.
Die Tatsache, dass das Bündnis eher wie eine Bewegung agiert, ohne klare politische Identität, dürfte maßgeblich zu den sinkenden Umfragewerten beigetragen haben. Eine politische Partei benötigt eine definierte Ausrichtung und klare Prinzipien, um langfristig erfolgversprechend zu sein.
Eine Innenansicht dieser Probleme bietet ein Interview der Berliner Zeitung vom 10. Januar 2025 mit dem Europaabgeordneten Friedrich Pürner, der die autoritären Strukturen und demokratischen Mängel des Bündnisses offenlegt. “
Disziplinierung von Kritikern, Machtkonzentration und mangelnde Offenheit im Bündnis?
Pürner beschreibt, wie kritische Stimmen durch Vorabsprachen und Maßnahmen der Parteispitze unterdrückt werden: “Das Ergebnis soll schon vor der eigentlichen Abstimmung klar sein.” Hinzu kommt eine elitäre Mitgliederaufnahme und die Zentralisierung der Macht, die das demokratische Fundament der Partei untergräbt.
Auf der Webseite Gewerkschaftsforum.de wurde eine Analyse veröffentlicht, die Pürners Aussagen bestätigt. Darin wird das Bündnis als eine Organisation beschrieben, die ihre Gründungsvision durch autoritäre Strukturen gefährdet und viele potenzielle Unterstützer ausschließt.
Der Ausgang der kommenden Wahlen wird zeigen, ob das Bündnis diese Herausforderungen überwinden kann.
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