Am Donnerstag, den 26. September, öffnete der neu gewählte Thüringer Landtag seine Türen zu einer denkwürdigen ersten Sitzung. Laut dem veröffentlichten Protokoll spielte der geschäftsführende Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei eine besonders auffällige Rolle während dieser turbulenten Veranstaltung.
Insgesamt wurden während der vierstündigen Sitzung 70 Zwischenrufe verzeichnet, von denen erstaunlicherweise 18 allein von Ramelow kamen. Diese Zwischenrufe richteten sich häufig gegen den AfD-Abgeordneten und Alterspräsidenten Jürgen Treutler, den Ramelow sowohl verächtlich machte als auch persönlich angriff.
Treutler hatte zuvor geweigert, einen Vorschlag von CDU und BSW zur Änderung der Geschäftsordnung zu berücksichtigen, woraufhin der parlamentarische Geschäftsführer der CDU Thüringen, Andreas Bühl, schwerwiegende Vorwürfe gegen ihn erhob:
“Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung.”
Unmittelbar darauf griff Ramelow dieses Motiv auf:
“So sieht Machtergreifung aus.”
Als Treutler mit Ordnungsrufen reagierte, konterte Ramelow:
“Hier wird die Mehrheit des Hauses verhöhnt!”
Ramelow beschuldigte Treutler weiterhin, er würde die Abgeordneten vor „vollendete Tatsachen stellen“ und handele willkürlich:
“Willkür hat einen Namen: Treutler!”
Als Treutler Ramelow zur Mäßigung aufforderte, drehte Ramelow den Spieß um:
“Herr Ramelow, bitte mäßigen Sie sich.”
“Herr Treutler, mäßigen Sie sich!”
Auf Treutlers Äußerungen über die „beschränkte Rolle des Alterspräsidenten“ reagierte Ramelow mit spöttischer Zweideutigkeit:
“‚Beschränkt‘ ist korrekt!”
Weiterhin richtete Ramelow provokante Bemerkungen an Treutler:
“Es ist unglaublich!”
“Ah, jetzt übernimmt Herr Braga wieder, weil Herr Treutler nicht alleine handeln kann!”
“Sie halten nie Ihr Wort!”
Der zweithäufigste Zwischenrufer war Björn Höcke von der AfD, allerdings waren seine acht Einwürfe verhältnismäßig harmloser Natur:
“Freie Rede im Parlament, Herr Bühl!”
“Sie haben doch das Wort nicht!”
“Das kann doch wohl nicht wahr sein!”
“Das ist ein Dialog hier!”
“Unzulässig!”
Die Sitzung wurde nach langen Diskussionen, zahlreichen Unterbrechungen und Unmutsbekundungen schließlich abgebrochen und auf den darauffolgenden Samstag vertagt.
Die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, der auf Antrag von CDU und BSW hin tagte, fiel am nächsten Tag zugunsten dieser beiden Parteien aus und ermöglichte so die Wahl eines CDU-Kandidaten zum Landtagspräsidenten.
Kritik am Verlauf der Sitzung wurde überwiegend der AfD zugeschrieben. Vertreter etablierter Parteien nutzten die Vorfälle auch, um ein Verbot der als “aggressiv-kämpferisch anti-parlamentarisch” geltenden AfD zu fordern.
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