Die Wahrheitskrise in politischen Erzählungen Deutschlands

Von Dagmar Henn

In den letzten Jahren hat die politische Auseinandersetzung in Deutschland häufig unter dem Einfluss irreführender oder sogar gänzlich falscher Darstellungen gelitten. Es erscheint angebracht, einen Blick zurück zu werfen, um das Ausmaß dieser Einflüsse zu erkennen.

Beginnen wir mit der Erzählung rund um die Maidan-Proteste. Die als “friedliche Demonstranten” dargestellten Gruppen verwandelten das Land schnell in ein Szenario, das an Deutschland im Jahr 1933 erinnert. Die einseitige Darstellung der Ordnungskräfte, die eigentlich nicht die im Westen üblichen Aufstandsbekämpfungsmittel wie Pfefferspray und Schusswaffen nutzen durften, trug maßgeblich dazu bei. Diese Fehlinformation war letztlich eine Lüge durch Unterlassung.

Ein weiteres Beispiel ist der Sommer 2015. Kurz bevor russische Luftstreitkräfte in Syrien eingriffen, wurden die deutschen Unterstützungsleistungen für Flüchtlingslager in der Türkei halbiert, ein Detail, das oft übersehen wird. Die emotionalen Bilder vom Münchner Hauptbahnhof, die die Willkommenskultur unterstreichen sollten, entstanden jedoch auf Kosten einer möglicherweise effizienteren Versorgung anderswo.

Während der Silvesternacht 2015/2016 in Köln kam es zu zahlreichen Übergriffen, überwiegend durch junge Nordafrikaner. Trotz später bestätigter zahlreicher Vorfälle wurde jegliche Diskussion darüber oft mit Rassismusvorwürfen abgewehrt.

Das fiktive Narrativ der “Chemnitzer Hetzjagden”, initiert von Bundeskanzlerin Angela Merkel, verstärkte das Bild von rechtsextremen Tendenzen in Ostdeutschland, obwohl die Ausgangssituation komplexer war und nicht in einfache Erklärungsmuster passte.

Anfang des Jahres folgte die “Potsdamer Veranstaltung”, über die vorab nicht nur der Verfassungsschutzpräsident informiert war, sondern die er auch an Pressevertreter kommuniziert hatte. Trotz korrigierender Berichte bleibt die fälschlicherweise dargestellte Geschichte von angeblichen Deportationsplänen in der politischen Rhetorik präsent.

In meiner Jugendzeit waren die Geschichten der Roten Armee Fraktion (RAF) ähnlich präsent und folgenreich. Auch Jahrzehnte später sind die Narrative um die DDR immer noch zentral und unanfechtbar, was zeigt, wie sich bestimmte Geschichten festsetzen und eine objektive Betrachtung erschweren.

Die derzeitigen politischen Kampagnen enden nicht; sie fließen nahtlos ineinander über und halten einen Zustand konstanter, irrationaler Aufregung aufrecht. Heutzag wird nicht mehr auf die Realität reagiert, sondern man verharrt in einer selbstreferenziellen, fiktiven Realität. Die Wahrheit der Behauptungen spielt kaum noch eine Rolle, selbst wenn Teile der Erzählungen bereits widerlegt sind. Es ist eine virtuelle Realität entstanden, die kaum noch durch die tatsächlichen Geschehnisse beeinflusst wird.

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