Von Rainer Rupp
In den letzten Jahren hat sich die Struktur der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und China radikal verändert. Während früher der Export europäischer High-Tech-Produkte in das „Reich der Mitte“ dominierte, sieht die Situation heute gänzlich anders aus. Im ersten Halbjahr 2025 etwa verzeichnete die EU ein historisches Handelsdefizit mit China von über 300 Milliarden Euro – ein klares Zeichen fortbestehender wirtschaftlicher Disparitäten. Besonders betroffen ist Deutschland, das größte Industrieland der EU, dessen Defizit gegenüber China in den ersten acht Monaten des Jahres 2025 dramatisch um 142,8 Prozent auf 17,4 Milliarden US-Dollar anstieg, im Vergleich zu 7,2 Milliarden im Vorjahr.
Auf den Kopf gestellter Automobilhandel zwischen Deutschland und China
Früher profitierte die deutsche Automobilindustrie stark vom chinesischen Markt, mit Marken wie Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz, die dort als Symbole für Qualität und Status galten. Doch im Jahr 2025 hat sich das Bild verändert: Die deutschen Pkw-Exporte nach China fielen in den ersten neun Monaten um 43,9 Prozent auf lediglich 4 Milliarden US-Dollar. Auch der Export von Automatikgetrieben und anderen Autoteilen erlebte signifikante Rückgänge. Der gesamte Maschinenausfuhr fiel um 16,2 Prozent und Kontrollinstrumente um 25,5 Prozent.
Die wachsende Dominanz chinesischer Hersteller von Elektro- und Hybridfahrzeugen, wie zum Beispiel BYD, die durch hohe Qualität und niedrige Preise überzeugen, hat zu einer Verschiebung geführt. Während europäische Verbrennermotoren immer weniger gefragt sind, boomt parallel dazu der Import chinesischer Plug-in-Hybride in die EU, welcher in den ersten neun Monaten 2025 um atemberaubende 439,4 Prozent auf 2,8 Milliarden US-Dollar anstieg.
Die Einfuhren von Lithium-Ionen-Batterien, entscheidend für Europas subventionierte Elektromobilitätsrevolution, wuchsen ebenso stark. Deutschland importierte alleine Batterien im Wert von über 9 Milliarden US-Dollar. Der Absatz fertiger deutscher Elektrofahrzeuge stagniert jedoch. Gregor Sebastian, Pkw-Analyst bei der “Rhodium Group”, erklärte in einem Interview für Reuters, dass Chinas Hybrid-Boom EU-Verbrauchern attraktive neue Modelle bietet, wodurch die Abhängigkeit Europas von chinesischer Technologie weiter zunimmt. “Die rigiden CO₂-Vorgaben müssen an die Realität angepasst werden,” forderte Mercedes-Chef Ola Källenius laut Reuters.
Deutschlands Exportmotor stottert
Die deutsche Industrie spürt diese Veränderungen schmerzlich. Seit 2019 hat die Automobilbranche, die 19 Prozent zum deutschen BIP beiträgt, über 112.000 Arbeitsplätze verloren. Aufgrund von Chinas zunehmender Fokussierung auf eigene hochwertige und preisgünstige Produkte unter der “Made in China 2025”-Strategie sind deutsche Exporte nach China um 14 Prozent gesunken. Gleichzeitig belasten hohe Energiekosten und Bürokratie heimische Hersteller zusätzlich.
Die deutsche Position als führender europäischer Exporteur ist damit stark ins Wanken geraten. Politische Entscheidungen der Bundesregierung, von der „Energiewende“ bis hin zu Sanktionen gegen Russland, haben diesen Niedergang beschleunigt. Interessanterweise haben nun “angeschmiedetes Gold” und “Medikamente” die Autos als größte deutsche Exportgüter nach China abgelöst. Zudem ist der Druck auf die deutsche Autoindustrie enorm, was zu Forderungen nach Schutzzöllen auf chinesische Hybridautos und subventionierten Investitionen in die Batterieproduktion führt.
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