Chinas Anleihemarkt unter Druck: Rekordtiefs signalisieren wirtschaftliche Sorgen

von Hans-Ueli Läppli

Ein deutliches Warnsignal geht derzeit von den chinesischen Anleihemärkten aus, welche durch die jüngsten Entwicklungen wirtschaftliche Unsicherheiten verraten.

Die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen sind auf ein Rekordtief von 1,61 Prozent gesunken. Noch bemerkenswerter ist, dass die Renditen der 30-jährigen Anleihen erstmals unter diejenigen Japans gefallen sind. Dies unterstreicht den Mangel an Vertrauen der Investoren in eine rasche wirtschaftliche Erholung Chinas, während sich die Aktienmärkte auf eine Belebung des Verbrauchs vorbereiten.

Trotz der Beschränkungen durch Chinas geschlossenen Kapitalmarkt, offenbart das anhaltende Tief der Anleiherenditen erhebliche Bedenken über die Zukunftsaussichten der Wirtschaft.

Die historisch tiefen Renditen langfristiger Anleihen, die mittlerweile unter die Japans gesunken sind, verdeutlichen die tiefgreifende Skepsis gegenüber der ökonomischen Entwickelung Chinas, einem Land, das einst für seine robusten Wachstumsraten bekannt war.

Die niedrigen Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen, die 2024 um über 80 Basispunkte gefallen sind, sind ein Indiz für ein Bankensystem, das übermäßig liquidiert ist. Bei Einlagen von über 300 Billionen Yuan und einem schleppenden Kreditwachstum landet ein Großteil des vorhandenen Kapitals in den Geldmärkten und Anleihen, was die Renditen weiter drückt. Selbst Chinas größter Geldmarktfonds, der Tianhong Yu’Ebao mit mehr als 600 Millionen Investoren, vermeldet Rekordtiefs bei den Renditen.

Banken stehen vor der Entscheidung, ob sie Kredite an Unternehmen ausreichen oder stattdessen in risikoarme Staatsanleihen investieren sollen. Angesichts geringer Kreditnachfrage von Haushalten und Unternehmen tendieren viele zur letzteren Option.

Gerüchten zufolge plant die People's Bank of China, die Zinsen im Verlauf des Jahres zu senken.

Der CSI 300-Index auf dem Festland Chinas ist um 1,18 Prozent gefallen und setzt damit die Verluste der vorherigen Sitzung fort. Gleichzeitig erreichten die Renditen der zehnjährigen Staatsanleihen mit 1,598 Prozent einen neuen Tiefpunkt.

Devisen: Euro fällt zum Jahresanfang unter 1,03 US-Dollar

Auch der internationale Devisenmarkt zeigt klare Anzeichen eines Abschwungs: Zu Beginn des Jahres fiel der Euro auf ein neues Tief gegenüber dem US-Dollar. Der Wechselkurs sank auf 1,0255 US-Dollar, den niedrigsten Wert seit Ende 2022. Hauptgründe hierfür sind die anhaltende Schwäche der europäischen Industrie und die Erwartung weiterer Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank im Vergleich zur US-Zentralbank.

Während eine starke US-Wirtschaft den Dollar stützt, lastet die schwache Nachfrage in der Eurozone weiterhin auf dem Euro. Diese Dynamik könnte auch negative Auswirkungen auf die chinesische Wirtschaft haben, insbesondere im Hinblick auf die Exporte nach Europa, einem wichtigen Handelspartner Chinas.

Ausblick auf den Schweizer Franken

Die Prognosen für den Schweizer Franken sind stabil bis positiv, je nach Blickwinkel könnte dies jedoch Vor- oder Nachteile bedeuten. Während die Analysten von Raiffeisen und der Zürcher Kantonalbank für den Euro-Franken-Kurs in zwölf Monaten Werte von jeweils 0,92 bzw. 0,91 Rappen vorhersagen, zeigt sich der Franken gegenüber dem Dollar volatiler. Ein starker Dollar, gefördert durch die erwarteten Maßnahmen der Trump-Administration, könnte die Schweizer Exportwirtschaft zunächst begünstigen, bevor sich die Effekte gegen Ende des Jahres möglicherweise abschwächen.

Die Schweizer Bevölkerung dürfte von diesen Schwankungen im täglichen Leben wenig spüren. Die Vorteile eines starken Frankens, wie günstigeres Einkaufen im Ausland, könnten durch die hohe Inflation in anderen Ländern ausgeglichen werden. Mittel- bis langfristig bleibt jedoch eine Tendenz zur Aufwertung bestehen, gestützt durch die solide finanzielle Lage und die wirtschaftliche Stabilität der Schweiz.

China zwischen Hoffnungen und Herausforderungen

Die Wachstumsrate der chinesischen Wirtschaft, die im dritten Quartal 2024 nur 4,6 Prozent erreichte, liegt unterhalb der Regierungsvorgabe von „rund 5 Prozent“. Goldman Sachs erwartet für 2025 eine weitere Abschwächung auf 4,5 Prozent. Angesichts einer anhaltenden Schwäche der Binnennachfrage und einer fortwährenden Immobilienkrise sind die Aussichten gedämpft.

Während die Aktienmärkte auf eine Belebung des Konsums spekulieren, zeichnet der Anleihemarkt ein weniger optimistisches Bild der wirtschaftlichen Lage, geprägt von Stagnation, niedrigen Inflationserwartungen und einem mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in die kurzfristige ökonomische Entwicklung.

Die Entwicklungen am chinesischen Anleihemarkt sind somit nicht nur ein technisches Detail, sondern spiegeln die ökonomischen Realitäten wider. Für Investoren und politische Entscheidungsträger bleibt die zentrale Frage bestehen: Welche Maßnahmen sind notwendig, um das Vertrauen in die Wirtschaft Chinas wiederherzustellen?

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