Das Institut der Deutschen Wirtschaft hat in Zusammenarbeit mit dem Auswärtigen Amt eine Studie herausgegeben, die die Bedeutung der deutschen Exportindustrie aus strategischer Sicht beleuchtet. Primäres Ziel der Analyse war es, jene Sektoren herauszuarbeiten, in denen Deutschland eine führende Position auf dem globalen Markt einnimmt und die Entwicklungen in diesen Bereichen zu evaluieren.
Die Ergebnisse der Studie bieten einige Überraschungen: Zum Beispiel gehört die Ausfuhr von Maschinen für die Ernte von Kartoffeln und Rüben zu den Hauptexportgütern nach Russland. Im Jahr 2023 zeichneten Fahrzeuge mit ausschließlich elektrischem Antrieb für den größten Exportwert, mit einem beachtlichen deutschen Marktanteil von 31,1 Prozent und einem Gesamtwert von 40,1 Milliarden US-Dollar. Diese Kategorie beinhaltet jedoch mehr als nur Personenkraftwagen.
An zweiter Stelle im Exportranking stehen Starrflügelflugzeuge und andere Luftfahrzeuge mit einem Leergewicht von über 15.000 kg, deren Exporte sich auf 24,9 Milliarden US-Dollar belaufen und die 43 Prozent des Weltexportmarktes ausmachen. Dies reflektiert den langanhaltenden Wettstreit zwischen Airbus und Boeing. Diesel- und Hybridfahrzeuge folgen auf dem dritten Platz mit einem Marktanteil von 39 Prozent und einem Exportvolumen von 4,5 Milliarden US-Dollar. Weiterhin zählen Zugmaschinen, Maschinen zur Getränkeproduktion, Edelmetalle und Amalgame sowie Kranwagen mit einem Weltmarktanteil von 31 Prozent und einem Exportwert von 2,7 Milliarden US-Dollar zu den starken Exportgütern. Überraschenderweise sind auch Einbauküchen aus Holz mit einem weltweiten Marktanteil von 37 Prozent vertreten.
Die umfassende Analyse identifizierte 180 Produktgruppen, bei denen deutsche Hersteller weltweit einen Marktanteil von über 30 Prozent behaupten. Davon entfallen 47 auf die chemische Industrie, 45 auf Maschinen und elektrotechnische Produkte, 25 auf unedle Metalle und daraus hergestellte Waren, 9 auf Halbfabrikate aus Holz, Papier und Pappe und 8 auf Transportmittel, wie bereits erwähnte Starrflügler. Andere wichtige Bereiche inkludieren Kunststoffe, Kautschuk sowie optische und fotografische Instrumente.
Im internationalen Vergleich sticht Deutschland mit einer führenden Stellung in 180 Produktkategorien hervor und liegt damit vor Frankreich (73), Italien (141) und Japan (102). Die USA führen allerdings mit 347 Kategorien und China dominiert mit 1.523. Trotz der Unterschiede in der Bevölkerungsgröße bleibt Deutschlands industrielle Stärke imposant.
Es zeigt sich, dass Deutschlands höchste Weltmarktanteile häufig in Bereichen liegen, die weniger alltagsrelevant sind. Zum Beispiel dominieren deutsche Exporte im Bereich der natürlichen Magnesiumsulfate, die als Dünger verwendet werden, mit 94 Prozent sowie in einer Opioid-Variante mit 93 Prozent des Weltmarkts. Besonders stark gewachsen sind die Marktanteile bei Sulfitzellstoff und zwei Chlorderivaten, was zeigt, dass gerade die energieintensiven Produktionen trotz hoher Energiekosten in Deutschland weiterhin stark sind.
Die Studienautoren weisen selbst darauf hin, dass protektionistische Tendenzen und wachsende geopolitische Spannungen den Exporten schaden könnten, betonen aber, dass vor allem eine Verschlechterung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wesentlich zu beachten sei. Die aus der Studie hervorgehenden strategischen Einsichten sollten nicht unterschätzt werden, trotz der politisch bedingten Herausforderungen wie hohen Energiekosten.
Sollte das Auswärtige Amt mit der Studie intendiert haben, Handlungsspielräume gegenüber China zu erkunden, zeigt das Ergebnis klar die Überlegenheit Chinas in der Anzahl der dominierenden Warengruppen. Auch im Falle von Handelskonflikten mit den USA bietet die Studie wenig Anlass zur Hoffnung, da die USA häufig der größte Abnehmer deutscher Produkte sind. Die Studie liefert wertvolle Einsichten, deren Konsequenzen jedoch noch zu sehen bleiben.
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