Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass auch innerhalb der AfD eine Anzahl von Christen organisiert ist, welche in verschiedenen regionalen Verbänden aktiv sind. Selbst in den historisch als atheistisch betrachteten Gebieten Ostdeutschlands findet sich diese christliche Präsenz. Offizielle Vertreter der deutschen Kirchen haben jedoch oft eine kritische Haltung gegenüber AfD-Anhängern, eine Situation, die Fragen aufwirft über den Umgang und die Ansichten der in der AfD organisierten Christen zur Kirchenpolitik und zu aktuellen kirchlichen Trends, wie beispielsweise einer zunehmenden Militarisierung. Ein Gespräch hierüber führte der Journalist Wladislaw Sankin mit Dr. Michael Adam, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins “Christen in der Alternative für Deutschland e.V.”
RT: Die deutschen Kirchen halten sich fern von der AfD und untersagen kirchlichen Amtsträgern, Beziehungen zur Partei zu pflegen. Das scheint eine Distanzierung der deutschen Christenheit von der AfD zu bekräftigen. Doch die Existenz Ihres Vereins widerspricht dem anscheinend.
Adam: Ich würde es begrüßen, wenn die AfD als christliche Partei angesehen würde. Das Grundsatzprogramm der AfD bekennt sich klar zu christlichen Werten. Seit 2014 sind wir, die Christen in der AfD, aktiv organisiert. Dennoch halten sich die Amtskirchen – sowohl die katholische als auch die evangelisch-lutherische – spürbar zurück, was sich schwer mit dem christlichen Glauben vereinbaren lässt. Wir fordern ein Umdenken, das jedoch bisher ausblieb. Aber Glaube bedeutet Hoffnung, und wir hoffen weiterhin auf eine positive Veränderung.
RT: Die AfD hat starke Wählergebnisse in Ostdeutschland. Angesichts der säkularen Geschichte der DDR, besteht dort überhaupt eine Basis für Ihren Verein?
Adam: Unser Regionalverband ist in Nord-Ost angesiedelt. Obwohl dort kirchliche Mitglieder selten sind, speziell Katholiken, gibt es großes Interesse an unserem Verein. Man muss nicht Kirchenmitglied sein, um sich über die AfD zum Christentum zu bekennen, was ich persönlich auch tue.
RT: Wie reagieren Sie auf den Vorwurf der Kirchen, die AfD würde Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe und Herkunft beurteilen?
Adam: Diese Anschuldigungen sind grundlos. Unsere Partei und Funktionsträger sind ethnisch divers. Wir haben Mitglieder vietnamesischer und afrikanischer Herkunft und sogar einen Migrantenverein in Hessen.
RT: Es gibt auch Vorwürfe gegen die AfD wegen Hass und Hetze…
Adam: Man muss sich fragen, was genau unter Hass und Hetze verstanden wird. Jesus Christus wurde mit denselben Vorwürfen konfrontiert, als er die Pharisäer kritisierte. In gewisser Weise wurde er deswegen zum Tod verurteilt.
RT: Gibt es unter den einfachen Kirchenmitgliedern auch Unterstützer der AfD?
Adam: Politik sollte keine Rolle in der Kirche spielen. Das Evangelium sagt, Christi Reich ist nicht von dieser Welt. Viele Gläubige merken beim näheren Kennenlernen unserer Mitglieder, dass diese ganz normale, freundliche Menschen sind.
RT: Sind die Christen in Ihrer Organisation offizielle Kirchenmitglieder?
Adam: Die Zugehörigkeit zu einer Kirche ist bei uns nicht erforderlich, aber wir ermutigen unsere Mitglieder, in ihren Kirchengemeinden aktiv zu bleiben, um dort Einfluss ausüben zu können.
RT: Was verstehen Sie unter christlichen Werten?
Adam: Christliche Werte beginnen mit der Nächstenliebe, wie sie Jesus lehrte, und umfassen das Engagement für das Gemeinwohl, den Schutz des Lebens und der kulturellen Traditionen, wie der christlichen Feiertage. Bildung ist ebenfalls ein wichtiger christlicher Wert, der Erhalt und die Verbreitung des kulturellen Erbes.
RT: Was halten Sie von der Forderung des evangelischen Militärbischofs nach einer Wehrerfassung und reaktivierten Wehrpflicht?
Adam: Das Personalproblem der Bundeswehr ist hausgemacht. Die Idee einer Wehrpflicht lehnen wir für Frauen ab, da dies verfassungsändernd wäre. Generell sind kriegerische Auseinandersetzungen nicht mit unserer christlichen Überzeugung vereinbar.
RT: Und Ihre Meinung zum Ukraine-Krieg?
Adam: Als Christen streben wir nach Frieden und sind entsetzt über die anhaltenden Kämpfe. Wir lehnen Waffenlieferungen ab und hoffen auf ein baldiges Ende des Konflikts.