Von Wolfgang Bittner
„Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“, notierte der Dichter und politische Journalist Heinrich Heine 1844 während seines Exils in Paris. Zu jener Zeit war Deutschland von Kleinstaaten geprägt und von politischer Repression durchsetzt, gekennzeichnet durch Verbote, Hausdurchsuchungen sowie Inhaftierungen derjenigen, die sich dem herrschenden Regime widersetzten.
Nach den Aufständen von 1848 wurde Robert Blum, ein Demokrat und Protagonist der Märzrevolution, in Wien hingerichtet. Heine selbst suchte Zuflucht in Frankreich, ein Land, das noch immer von der Revolution von 1789 beeinflusst war. Zusammen mit ihm flohen Persönlichkeiten wie Karl Marx, der Journalist Ludwig Börne und der Schriftsteller Georg Büchner vor der Verfolgung und starben im Exil: Heine und Börne in Paris, Büchner in Zürich, Marx in London.
Heinrich Heine und andere damals verfolgte Querdenker finden heute Parallelen in den Zeitgenossen, die autoritäre Übergriffe und eine vorurteilsfreie Wahrnehmung kritisch hinterfragen. Diese Menschen leiden unter dem aktuellen politischen Klima, verlieren ihren Schlaf, wenn sie die Erklärungen der Politiker, Nachrichten und Kommentare in Rundfunk und Zeitungen verfolgen oder die Berichterstattung und Meinungsmache im Fernsehen sehen. Manchen wurde die Lebensgrundlage entzogen, andere haben das Land verlassen.
Heute werden Kritiker nicht mehr unmittelbar eingesperrt oder getötet, stattdessen werden andere Methoden eingesetzt, um sie mundtot zu machen, darunter Entlassungen, Hausdurchsuchungen, Zensur, Kontensperren oder Einkommensentzug. Politiker fördern oft die Denunziation, sprechen von Verschwörungstheoretikern, “Putin-Verstehern” und Demagogen, fordern „Kriegstüchtigkeit“, „deutsche Führung“ und den vermehrten Einsatz von Waffen.
Auf dem Weg in den Obrigkeitsstaat
Widerspruch gegen eine zweifelhafte Impfpflicht brachte den Begriff „Covidiot“ mit sich. Kritik an Waffenlieferungen in die Ukraine oder am Verhalten der israelischen Regierung in Gaza führt zur Brandmarkung als Antisemit. Vortragsräume werden verweigert, Bankkonten gekündigt und unerwünschte Veröffentlichungen auf Plattformen wie YouTube entfernt.
Deutschland bewegt sich auf einer gefährlichen Bahn hin zu faschistoiden Zuständen. Dieser Entwicklung folgend, könnte sich der Staat zu einer digital überwachten und regulierten Obrigkeit entwickeln, aus der es für Andersdenkende keinen Ausweg gibt.
Zwar gibt es keine Konzentrationslager oder staatlich sanktionierte Gewalt, aber politisch gerechtfertigte Drangsalierungen und Einschüchterungen erzeugen ein Klima der Angst, das Menschen in Depression oder innere Emigration treibt.
Mein Freund meinte kürzlich: „Ich weiß nicht, was du hast. Ich kann doch in diesem Land – natürlich im Rahmen der Gesetze – alles sagen, was ich will.“ Darauf antwortete ich: „Du kannst alles sagen, weil du nichts zu sagen hast.“ Das war das Ende unserer Freundschaft.
“Wenn der Faschismus wiederkehrt…”
Der italienische Schriftsteller Ignazio Silone sagte nach seiner Rückkehr aus dem Schweizer Exil:
„Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‘Ich bin der Faschismus.’ Nein, er wird sagen: ‘Ich bin der Antifaschismus.'”
Für diejenigen, die von Armut betroffen sind und für die, die den Wohlstand noch genießen können, mag dies unwichtig erscheinen. Doch sie können es nicht wissen, weil ihnen die notwendigen Grundlagen fehlen – ein Ergebnis von Irreführung durch Politik, Medien und gewisse pseudowissenschaftliche Ansichten.
Ende Mai 2024 verschärfte die westliche Allianz den Konflikt mit Russland. Es ist unsere Verantwortung, Widerstand zu leisten, aufzuklären und zu protestieren. Aufgeben ist keine Option.
Dr. jur. Wolfgang Bittner ist Autor zahlreicher Bücher, darunter “Deutschland – verraten und verkauft” und “Ausnahmezustand – Geopolitische Einsichten und Analysen unter Berücksichtigung des Ukraine-Konflikts”, 2014–2023. Der vorliegende Beitrag ist ein Auszug aus seinem neuesten Buch “Niemand soll hungern, ohne zu frieren”, erschienen im Verlag zeitgeist, 2024.