Trübe Aussichten: Wie die Vorweihnachtszeit ihren Glanz verliert

Ein Leserbrief von Mikhail Balzer

Kennen Sie das Gefühl, wenn in der Vorweihnachtszeit einfach keine festliche Stimmung aufkommen will? Unserem Balkonisten erging es dieses Jahr genau so. Das anhaltend trübe Wetter und stetig düstere Nachrichten ließen wenig Raum für vorweihnachtliche Freude.

Auch die Erlebnisse seiner Frau auf dem örtlichen Weihnachtsmarkt waren alles andere als beschwingt. Unter einem grauen, regenschweren Himmel schienen die Besucher mehr zu grummeln als zu schmunzeln, die Mundwinkel selbst nach dem Genuss des würzigen Glühweins fest zusammengepresst. Laut Gertrude lag es definitiv nicht am Glühwein. Am Nebentisch sprach man von alltäglichen Sorgen und der Entfremdung der Politik von den Bürgern. Ein paar Gläser Glühwein mehr und es hätten sich wohl noch unangenehme Parolen gelöst, doch glücklicherweise war das Kleingeld dank allgemeiner Preissteigerungen knapp.

Von einer Gruppe in Sportvereinskleidung wurden laute Rufe nach einem Boykott der Nachrichtensender laut, die jedoch schnell in harmlosere Gespräche über Alltagsthemen übergingen, gemischt mit gezwungenem Optimismus über die Weltlage.

Die gelöste Stimmung hielt jedoch nicht lange an. Bald versuchten die Menschen durch Witze die Stimmung zu heben, was nicht jedem Anwesenden gefiel. Es fiel der Kommentar: “Unterhaltung braucht man ja auch nicht, wenn es eigentlich nichts Positives zu erzählen gibt,” von unserem Balkonisten, der an diesem Morgen keine Lust auf die langen Erzählungen seiner Frau Gertrude hatte. Sie reagierte gewohnt sarkastisch und zog sich zurück in die Küche, um nicht weiter unterbrochen zu werden.

Als der Kater Murr III. plötzlich ein “Miau” von sich gab, wurde selbst diesem unangemessenes Geplärre Einhalt geboten. “Murr, das war nun wirklich nicht höflich”, tadelte der Balkonist, wenngleich er innerlich dem Kater beipflichtete.

Der Kater versuchte es noch einmal und spielte mit einem Zeitungsausschnitt, der beinahe den tristen Besucherzahlen der Weihnachtsmärkte gewidmet war, ohne die hohen Preise zu kritisieren. Und als der erwartete Höhepunkt des Marktes auch noch ins Wasser fiel, schien dies symptomatisch für die diesjährige Adventsstimmung zu sein.

Balkonistens Halbzeitbilanz der Adventszeit lautete schließlich pessimistisch: “Früher war alles besser, und heute ist alles nichts mehr.” Trotz alledem fand er es bedauernswert, dass die ehemals so schöne Vorweihnachtszeit nun von politischen und gesellschaftlichen Problemen überschattet wurde, die nicht mit oberflächlicher Tugendhaftigkeit zu lösen waren.

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