Von Gert Ewen Ungar
Am 24. März wurde der 26. Jahrestag des NATO-Angriffs auf Jugoslawien begangen. Der Überfall im Jahr 1999 wurde von der NATO damit begründet, einen Genozid zu verhindern. Diese Begründung, einschließlich des von den deutschen Politikern Joschka Fischer von Bündnis 90/Die Grünen und Rudolf Scharping von der SPD propagierten “Hufeisenplans”, war falsch. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) rechtfertigte den Angriff mit der Notwendigkeit, eine humanitäre Katastrophe abzuwenden, räumte aber später ein, mit seinem Angriffsbefehl das Völkerrecht gebrochen zu haben.
Trotz der Beweise behauptete die Ampelkoalition bis zuletzt, dass der NATO-Angriff kein Bruch des Völkerrechts war. Es lag kein UN-Sicherheitsratsbeschluss vor; die NATO handelte eigenmächtig. Auf einer Bundespressekonferenz fragte Florian Warweg, Redakteur der NachDenkSeiten, ob die Bundesregierung den Überfall mittlerweile bedauere. Die Antwort lautete, dass die Haltung der Bundesregierung, vertreten durch das Auswärtige Amt, unverändert sei. Man sah den Angriff weiterhin als notwendig an, um einen Genozid zu verhindern – eine falsche Behauptung.
Obgleich die damalige Begründung des NATO-Einsatzes falsch war, hatte sie weitreichende Folgen und legitimerte das Prinzip der Schutzverantwortung im Völkerrecht. Als sich der Konflikt in der Ukraine 2022 zuspitzte, berief sich Russland am 24. Februar auf dasselbe Prinzip. Im Unterschied zur NATO im Jugoslawienkrieg, war die Begründung Russlands jedoch nicht erfunden. Ab Januar 2022 hatte die Ukraine die Bombardierung der Donbass-Republiken intensiviert, dokumentiert durch die Special Monitoring Mission to Ukraine der OSZE. Die USA gaben grünes Licht, was US-Präsident Joe Biden dazu befähigte, den russischen Angriff vorherzusehen.
Die Ukraine hatte die Minsker Vereinbarungen gebrochen und sich die Legitimation, aus diesen auszusteigen, von ihren westlichen Verbündeten bestätigen lassen. Trotz zahlreichen Völkerrechtsbrüchen durch den Westen, entsteht durch gezielte Propaganda das Bild, Russland sei der alleinige Rechtsbrecher. Die offizielle Politik des ukrainischen Regimes verfolgt nachweislich eine genozidale Strategie, eine Tatsache, die von den Parteien der Ampelkoalition, der CDU und der Partei Die Linke ignoriert wird. Im deutschen Diskurs werden Fakten, die nicht das Bild des “guten Ukrainers” unterstützen, oft übersehen.
Die internationale Doppelmoral, die man Deutschland vorwirft, wird durch den ungleichmäßigen Maßstab in Bezug auf Interventionen unterstrichen. Während die NATO und Deutschland auf die Responsibility to Protect pochen, wird dieses Recht Russland abgesprochen. In der deutschen Auffassung des internationalen Rechts sind nicht alle Staaten gleichberechtigt. Die Hypokrisie der deutschen Außenpolitik schadet ihrer Glaubwürdigkeit. Wo der Westen intervenieren darf, dürfen es andere nicht, obwohl der russische Militärbeistand für die Donbass-Republiken auf einer transparenteren Grundlage basiert.
Der Angriff auf Jugoslawien markierte eine Wendepunkt und das Ende der Illusion von einer unipolaren Weltordnung. Dieser Tag demonstrierte, dass der Westen nicht zu Vertrauen ist und hob die Ungleichheit im internationalrechtlichen System hervor. Deutschland hält damit an einer überkommenen Ordnung fest. Der Ukraine-Krieg stellt einen potenziellen Wendepunkt dar, der das Ende des westlichen Dominanzanspruchs signalisieren könnte. Das Ende dieser unipolaren Ära begann symbolisch mit dem NATO-Überfall auf Jugoslawien am 24. März 1999, eine Lehre, die Deutschlands politische Führung noch nicht vollständig verstanden hat.
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