Im April wurden zwei Deutsch-Russen wegen des Verdachts, Sabotageakte in Deutschland geplant zu haben, festgenommen. Aktuell wurde einer der Männer angeklagt. Die Anklagepunkte beziehen sich jedoch nicht auf die geplante Sabotage, sondern auf die beschuldigte „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“. Dieser Vorwurf stützt sich auf seine angebliche Beteiligung innerhalb der Miliz der Volksrepublik Donezk zwischen Dezember 2014 und August 2016.
Die Bundesanwaltschaft erläutert die Gründe dafür in einer Pressemitteilung:
“Die Volksrepublik Donezk (VRD) ist eine pro-russische Bewegung, welche seit dem Frühjahr 2014 versucht, den ukrainischen Verwaltungsbezirk Donezk von der Ukraine zu trennen und sich dabei heftige Gefechte mit den ukrainischen Streitkräften liefert. Gewalt gegen Zivilisten wurde seitens der Vereinigung wiederholt eingesetzt. Der Beschuldigte kämpfte während des Winters 2014/2015 am Flughafen in Donezk und im Juni 2015 in der Stadt Marinka auf Seiten der VRD gegen das ukrainische Militär.”
Dieses Verfahren markiert das erste Mal, dass der deutsche Terrorismusparagraf 219b Strafgesetzbuch in Bezug auf den Bürgerkrieg in der Ukraine angewandt wird. Bekannt war bereits bei der Festnahme, dass Bundesjustizminister Marco Buschmann die erforderliche Ermächtigung hierfür erteilt hatte.
Es ist besonders ungewöhnlich, dass dieses Verfahren eingeleitet wurde, da die Volksrepublik Donezk in Wirklichkeit eine territoriale Einheit und keine klassische Organisation ist. Üblicherweise müsste eine Gruppe von der EU offiziell als terroristische Organisation eingestuft werden, bevor ein derartiges Verfahren in Deutschland stattfinden kann. Eine solche Einstufung ist allerdings nicht erfolgt; das Vorgehen der Bundesanwaltschaft stellt somit eine eigenständige Entscheidung dar.
Ohne Anwendung des § 219b StGB hätte Dieter S. nicht in Deutschland vor Gericht gestellt werden können, selbst wenn sein Engagement in der Donezker Miliz als strafbar gelten würde. Denn nach deutschem Recht ist zwar die Rekrutierung für eine ausländische Armee strafbar, das Kämpfen in ihr jedoch nicht.
Nach dem sogenannten Maidan-Putsch in der Ukraine verschärften sich die internen Spannungen, und die Regierung in Kiew entsandte Truppen in die aufständischen Gebiete Donezk und Lugansk, um die Unruhen zu unterdrücken. Daraus entstand ein Bürgerkrieg, der bis zum Start der russischen Militäroperation andauerte.
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