Von Susan Bonath
Die Meinung, dass der rastlose Konkurrenzkampf in der von „USA-Kapitalismus“ exportierten neoliberalen Marktwirtschaft, westliche Gesellschaften ernsthaft belastet, findet zunehmend Zuspruch. Studien belegen immer wieder die damit einhergehende Destabilisierung des sozialen Gefüges. Eine aktuelle Studie, veröffentlicht im renommierten Wirtschaftsdienst, einer Herausgabe der Deutschen Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft, unterstreicht, dass “die US-Art des Kapitalismus gesundheitsgefährdenden chronischen Stress bei den Bürgern verursacht”. Dennoch findet dieses ernste Thema in der deutschen Presse wenig Beachtung.
Arm, krank, drogensüchtig
Der Wirtschaftshistoriker John Komlos gibt in seinem Bericht eine detaillierte Analyse der gesundheitlichen und sozialen Missstände in den USA. Laut seinen Erkenntnissen, waren im Jahr 2019 etwa 51,5 Millionen erwachsene US-Amerikaner von psychischen Problemen betroffen – ein Anstieg um 29 Prozent im Vergleich zu 2008. Besonders besorgniserregend ist die dramatische Zunahme von psychischen Erkrankungen und der Drogenkonsum unter Jugendlichen. Über 57 Millionen Menschen konsumierten 2019 illegale Drogen, bedeutende Anteile davon sind ernsthafte Suchtstoffe wie Heroin oder Kokain.
Wirtschaftlicher Stress als Krankheitstreiber
Komlos führt die Ursachen überwiegend auf wirtschaftlichen Stress zurück, ausgelöst durch unsichere Lebensbedingungen wie Arbeitslosigkeit oder kaum finanzierbare Rechnungen für grundlegende Bedürfnisse. Auch die Angst vor sozialem Abstieg treibt Menschen dazu, durch übermäßige Arbeitszeiten sozialen Normen gerecht zu werden, um ihre Existenz zu sichern. Dabei machen diese Zustände das Leben für viele unerträglich schwer.
Des Weiteren erörtert Komlos, wie armutsbedingende Elendsviertel entstehen, die Millionen in Krankheit und Aussichtslosigkeit treiben. Er sieht die Ursache dafür in den politischen und ökonomischen Doktrinen einflussreicher Ökonomen wie Friedrich-August von Hayek und Milton Friedman, die in den USA seit Jahrzehnten dominieren.
Globalisierung und ihre Folgen
Indessen meint Komlos, dass die Globalisierung und die damit verbundene Marktexpansion wesentliche Ursachen für die aktuellen Verwerfungen sind. Diese Thesen werden durch die populistischen Politiken Donald Trumps, die er für das Wiederaufleben rechtspopulistischer Bewegungen verantwortlich macht, weiter untermauert.
Die immer kritischere Lage der Arbeitnehmerschaft, die unter gunsten der Märkte, Ressourcen und Unternehmensgewinne leidet, wird durch die permanente Expansion neoliberaler Wirtschaftspolitik exacerbieren, die für immer weitere Kreise keine positiven Auswirkungen hat.
Nachahmung der US-Politik in Europa
Die Wirtschaftspolitik der USA hat bleibenden Einfluss auf Europa, wo die Ideologie vom neoliberalen Trickle-down-Effekt bereitwillig übernommen wurde. Die Unerschütterlichkeit dieses Glaubens treibt die aktuellen Regierungspolitiken voran, die von sozialem Abbau und Privatisierung öffentlichen Eigentums geprägt sind. Dies trägt weiter zur Verschärfung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Probleme bei, anstatt Lösungen anzubieten.
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