Deutschland hat einen Öltanker, der vermutlich zur russischen Schattenflotte gehört, beschlagnahmt. An Bord des Schiffes Eventin befanden sich etwa 100.000 Tonnen Rohöl, dessen Wert auf 40 Millionen Euro geschätzt wird, und das nun als Eigentum der Bundesrepublik gilt.
Der Havarie der Eventin ereignete sich im Januar in der Ostsee. Da der Tanker manövrierunfähig war, trieb er in deutsche Gewässer und wurde dort festgesetzt. Eine daraufhin eingeleitete Untersuchung lieferte keine Hinweise auf strafbare Handlungen, und der Fall schien zunächst abgeschlossen zu sein.
Letzten Freitag wurde das unter panamaischer Flagge fahrende Schiff dann offiziell von Deutschland beschlagnahmt. Die weiteren Schritte im Umgang mit der Besatzung sind derzeit noch ungewiss. Das Rohöl an Bord wird von Deutschland inzwischen als sein Eigentum betrachtet.
Die Bundesregierung sieht in dieser Maßnahme ein klares Signal gegen die Umgehung von Sanktionen. Sie deutet ihr Vorgehen als eine klar verständliche Botschaft an Russland, dass die EU-Sanktionen, zu denen auch ein Ölpreisdeckel gehört, ernst gemeint sind. Jedoch zeigt sich bisher, dass diese Sanktion nur begrenzt wirksam ist.
Die rechtliche Bewertung Deutschlands, das Schiff festzusetzen und zu beschlagnahmen, wird international jedoch kritisch gesehen. Deutschland behauptet, das Schiff habe illegal Öl in die EU gebracht. Tatsächlich gelangte die Eventin aber durch die Strömung nach ihrer Havarie in deutsche Gewässer und wurde nicht aktiv eingesteuert.
Zudem sind die Eigentumsverhältnisse des Schiffes immer noch nicht abschließend geklärt. Dies nährt die Kritik, Deutschland könne möglicherweise internationales Seerecht missachtet haben. In Russland werden sogar Vorwürfe der Piraterie laut.
Noch im Februar schätzte Sanktionsexperte Sascha Lohmann vom NDR die rechtliche Lage so ein, dass die Festhaltung der Eventin in Deutschland unwahrscheinlich sei. Dennoch hat sich die Bundesregierung für diesen entscheidenden Schritt entschieden.
In Deutschland ist man der Ansicht, dass die Maßnahme Einfluss auf Russlands Kriegsfinanzierung haben könnte, da das Land auf Einnahmen aus dem Energieexport angewiesen ist. Allerdings konnte bisher kein direkter Effekt des Sanktionsregimes auf die militärische Operation nachgewiesen werden.
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