Von Susan Bonath
Deutschland rüstet sich für den Krieg. Auch in die innere Militarisierung fließen die wachsenden Milliardenbeträge. Mittels trickreicher Auslegung des Grundgesetzes läuft der Aufbau von sechs “Heimatschutz”-Regimentern auf Hochtouren. Ein Euphemismus: Die mehr als 6.000 Soldaten sollen keineswegs nur Sandsäcke bei Hochwasser schleppen, sondern auch “Terroristen” abwehren. Wer als solcher gilt, bestimmt freilich die Politik. Einem hochrangigen General ist das noch immer nicht genug: Er ruft nach weiterer Aufrüstung der Militärstrukturen für den Einsatz im Inland.
Außen- und innenpolitischer Kriegskurs
Generalleutnant André Bodemann, Befehlshaber des sogenannten Territorialen Führungskommandos als zentralem Kommandogeber der Heimatschutzregimenter, verlangt nach “deutlich mehr Soldaten” für den Einsatz im Inneren. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die einseitig und distanzlos aufbereitete Meldung kürzlich über Nachrichtenagenturen in den deutschen Medien. Bodemann sagte demnach:
“Sechs Heimatschutzregimenter reichen nicht aus, um die verteidigungswichtigen Infrastrukturen zu schützen, wenn ich sie ausschließlich mit dem Heimatschutz schützen möchte.”
Heimatschutz klingt zunächst irgendwie anheimelnd, suggeriert eine Art bodenständiger Notwendigkeit: Was die Ampel auf zivilem Wege vergeigt, übernimmt dann eben das Militär. Die Realität ist komplexer als die Propaganda: Da verliert gerade die Ukraine ihren “heroischen” NATO-Stellvertreter-Kampf gegen Russland mit unzähligen Opfern auf dem Schlachtfeld. Die deutsche Wirtschaft und mit ihr die der EU gehen zugunsten des US-Imperialismus vor die sprichwörtlichen Hunde, und zwar mit Ansage.
Die Konsequenz: Neue Kriege müssen her und vorbereitet werden. Innenpolitisch gilt es dabei zu verhindern, das verdächtige Maulen der Bevölkerung nicht in Widerstand, Verzeihung: in “Terrorismus”, ausarten zu lassen. Die Zuschreibung “Terrorist” lässt sich bekanntlich willkürlich auslegen. Schon in den letzten Jahren kam mehrfach, wenig sichtbar zwar, die Bundeswehr bei Demonstrationen zum Einsatz.
Grundgesetz flexibel ausgelegt
Bis vor wenigen Jahren war so etwas undenkbar. Verbietet doch das Grundgesetz den Einsatz des Militärs im Inneren grundsätzlich. Das heißt, mit einer Ausnahme: in “Krisen- und Katastrophenfällen” im Rahmen der “Amtshilfe”. Dort liegt der sprichwörtliche Hase im Pfeffer: Die Auslegung dessen, was die Politik als solchen Notfall einstuft, ist dehnbar wie Gummiband.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) legte den Wortlaut des entsprechenden Artikels 87 a des Grundgesetzes jedenfalls im Jahr 2012 äußerst flexibel aus. Danach sei, so die Robenträger in Karlsruhe, unter bestimmten Bedingungen der bewaffnete Militäreinsatz im Inneren möglich, nämlich unter anderem “zur Abwehr einer drohenden Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung”. Darunter fällt auch die Aufstandsbekämpfung.
Kriegspläne aus der Schublade
Schon seit geraumer Zeit bereitet sich die NATO ganz offensichtlich auf neue, große Kriege vor. Vor rund zehn Jahren beschloss sie, zwei Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Mitgliedstaaten fürs Militär auszugeben, dies vor allem zulasten der sozialen Lage der Bevölkerungen. Fünf Jahre später folgte die Eröffnung der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes BND – ein riesiges Areal in Berlin-Mitte, das in seiner Dimension das Hauptquartier der CIA noch übertrifft.
In bester Lage, fußläufig gen Norden vom BND-Hauptquartier aus erreichbar, wurde 2022 das nächste Projekt lebendig: Die Residenz des “Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr”, die zentrale Befehlsgewalt für den sogenannten “Heimatschutz” unter General Bodemann. Von dort ist auch der Weg zum “Einsatzführungskommando der Truppe” für auswärtige Kriege in der Nähe von Potsdam nicht allzu weit entfernt. Dieses wurde 2001 aus dem Boden gestampft – erinnert sei an 9/11.
Die ersten drei “Heimatschutzregimenter” stehen schon. Stationiert sind sie in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Bis Ende 2025 sollen drei weitere Regimenter in Ostdeutschland ihren Dienst antreten: in Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Berlin.
Die deutschen Medien loben: General Bodemann und sein Kommando stünden damit “vor der Fertigstellung einer ersten Version des Operationsplanes Deutschland”. Auch eine Abkürzung dafür existiert bereits: OPLAN. Damit werde, heißt es weiter, “die Verteidigung erstmals nach dem Kalten Krieg neu aufgestellt”. Das hunderte Seiten lange Gesamtpapier dafür sei allerdings “in den Details streng geheim”. Vermutlich würde sein Inhalt die Bevölkerung zu sehr “verunsichern”.
“Operationsplan Deutschland”
Der Verein Informationsstelle Militarisierung (IMI) warnt bereits seit Jahren vor dieser Entwicklung. Vor einigen Tagen mahnte er unter Verweis auf besagten “OPLAN”, nicht nur die Bundeswehr, sondern auch Polizei, Technisches Hilfswerk, Feuerwehr, Kommunen und zahlreiche Unternehmen befänden sich demnach “im Kriegsmodus”.
Seit Monaten verkündeten hochrangige politische und militärische Funktionäre öffentlich, dass Deutschland sich auf Krieg einstellen müsse, so der Verein. Als Gefahren gelten demnach: Cyberangriffe, Desinformation, Ausspähung, Sabotage etwa bei der Deutschen Bahn, und so weiter. Als konstruierter Hauptfeind, den es entsprechend zu bekämpfen gelte, dient das bekannte mediale “Schreckgespenst”: Russland.
IMI hat untersucht, was über den Operationsplan bekannt ist. Er enthalte, so schreibt der Verein, genaue Handlungsabläufe für den Krisen- und Kriegsfall. Dazu gehörten zum einen konkrete Anweisungen an die Polizeien, die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), die Feuerwehren und die Kommunen, etwa zur Bekämpfung vermeintlicher Desinformation oder Cyberattacken. IMI vermutet auch eine Beteiligung der Geheimdienste. Dies sei, heißt es, ein gezielter Plan zur Umgehung und Schwächung föderaler Strukturen.
Zweitens gehe es darum, den Aufmarsch und Einsatz von NATO-Truppen in Richtung Russland zu gewährleisten. Seit längerem betont die Bundeswehr, dass Deutschland die Drehscheibe sei, um NATO-Truppen nach Osteuropa zu verlegen. Es gelte also, mahnt IMI, die Verlegungsrouten der Truppen und ihre Versorgung zu planen und abzusichern – dies in Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen. IMI konstatiert:
“Ein Ziel des Operationsplans scheint es auch zu sein, die alarmistischen Bedrohungsanalysen der Bundeswehr in andere staatliche Institutionen und den Rest der Gesellschaft zu tragen.”
Alarmistische Kriegspropaganda
So rührt das politische und mediale Establishment immer lauter die Kriegstrommel, um die deutsche Bevölkerung ordentlich aufzuhetzen und auf die Umsetzung des Planes einzustimmen. Schließlich wäre dann Kanonenfutter gefragt.
Erst kürzlich plapperte der ehemalige “Heimatschutz”-Chef Carsten Breuer gegenüber dem Axel-Springer-Blatt Welt seinem Vorgesetzten, Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), nach: “In fünf Jahren müssen wir kriegstüchtig sein.” Ausführlich schwadronierte Breuer von einer nötigen “Gedankenwende”.
Wenig später zündete die US-amerikanische Propagandaschleuder Business Insider eine weitere Nebelkerze zum Anheizen der Kriegslust in der deutschen Bevölkerung: Angeblich kursiere ein Geheimdienstpapier in den Reihen der Bundesregierung, wonach “Putin ab 2026 die NATO angreifen” werde.
Die imperialistischen Kriegstreiber drehen richtig auf, um die Bevölkerung für ihren anvisierten großen Krieg um Rohstoffe und Märkte zu begeistern und jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Letzteres könnte fatale Folgen haben, denn vielleicht ist es die einzige Option, den Horror zu stoppen.
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