Alarmierender Absturz: Deutschlands Industrie in der Krise

Von Rainer Rupp

Deutschland erlebt derzeit eine schwere wirtschaftliche Krise, schlimmer noch als die Finanzkrise von 2008. Ein stetiger Anstieg der Unternehmensinsolvenzen, eine fallende Industrieproduktion und anhaltende strukturelle Herausforderungen belasten das Land schwer. Laut einer aktuellen Studie des Kreditversicherers Allianz Trade ist für 2025 und 2026 mit einer Fortsetzung der Insolvenzwelle in Deutschland zu rechnen. Dies könnte zahlreiche Arbeitsplätze vernichten und Lieferketten stören, was eine drastische Umgestaltung der wirtschaftlichen Identität Deutschlands zur Folge haben könnte, besonders durch den Anstieg der Energiekosten.

Eine beispiellose Welle von Insolvenzen

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Landes spiegeln sich in einem dramatischen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen wider. Allianz Trade prognostiziert für das Jahr 2025 einen Anstieg der Insolvenzen um 11 Prozent auf ca. 24.400 Fälle, gefolgt von einem weiteren Anstieg um 3 Prozent auf 25.050 Fälle für 2026. Schon 2024 erreichten die Insolvenzen von Großunternehmen mit einem Umsatz von insgesamt 17,4 Milliarden Euro einen Höhepunkt – ein Anstieg um 55 Prozent gegenüber 2023. Diese Ausfälle gefährden schätzungsweise 210.000 Arbeitsplätze in ganz Deutschland, mit weiterreichenden, noch nicht sichtbaren Sekundäreffekten.

Bereits im ersten Quartal 2025 meldeten allein 16 große Firmen Insolvenz an. Der textile Einzelhandel, die Automobilzulieferindustrie sowie das Gesundheitswesen und die Chemiebranche gehören zu den am schwersten betroffenen Sektoren. “In der Finanzkrise 2008 und in den folgenden Jahren war schon viel los, aber jetzt ist es noch schlimmer. Es sind immer mehr Branchen betroffen. Das habe ich noch nicht erlebt”, äußerte Jürgen Philippi, ein öffentlich bestellter Konkursverwalter mit 30 Jahren Erfahrung, in einem Interview mit der ARD-Tagesschau.

Strukturelle und externe Belastungen

Der industrielle Rückgang Deutschlands begann bereits vor den jüngsten globalen Herausforderungen, einschließlich der Corona-Pandemie, dem Handelskrieg der USA gegen China und den Sanktionen gegen Russland. Nach Angaben der Financial Post fällt die Industrieproduktion seit Ende 2017 kontinuierlich. Die Energiekrise, verschärft durch den Konflikt in der Ukraine, hat besonders energieintensive Branchen stark getroffen.

Duisburg, das industrielle Herz Deutschlands, ist mittlerweile ein Symbol für den Niedergang, mit stillgelegten Fabriken und einer kämpfenden lokalen Wirtschaft, berichtet Bloomberg. Zusätzlich verschärfen externe Faktoren wie die Handelspolitiken von Donald Trump die Lage.

Milo Bogaerts, Vorstandsvorsitzender von Allianz Trade, warnt vor einem düsteren Ausblick: “Angesichts der wirtschaftlichen Aussichten erwarten wir auch für 2025 zahlreiche Großinsolvenzen mit erheblichen Verlusten.” Hinzukommende Zölle, die insbesondere die deutsche Automobil- und Stahlindustrie bedrohen, verschärfen die Wettbewerbssituation.

Intern sieht sich Deutschland mit strukturellen Herausforderungen konfrontiert. Hohe Steuern, bürokratische Überregulierungen und Arbeitskräftemangel erodieren das Vertrauen der Unternehmen. Philippi berichtet: “Ich höre immer öfter von Geschäftsführern, die ihre Unternehmen nicht weiterführen wollen, trotz vorhandener Marktchancen, aufgrund hoher Steuern und zu viel Bürokratie.”

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat die Alarmglocken geläutet und die regierende Koalition direkt angesprochen: “Die wirtschaftliche Lage hat sich dramatisch verschlechtert. Die Fakten sind unbestreitbar. Deutschland steckt in einer ernsten Wirtschaftskrise”, klagen sie und fordern dringende Steuererleichterungen, um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands wiederherzustellen.

Der “kranke Mann Europas”

Fabio Panetta, Präsident der italienischen Zentralbank, sprach kürzlich von Deutschland als dem “kranken Mann Europas”. Panetta betonte die wirtschaftliche Stagnation Deutschlands, was eine dramatische Wende für das einst für sein exportgetriebenes Wachstum gefeierte Land ist. Das deutsche BIP-Wachstum liegt weit hinter dem anderer Länder der Eurozone, wie Daten der OECD zeigen.

Die hohen Energiekosten werden weiterhin als zentrale Herausforderung gesehen. Seit dem Ausstieg aus der Kernenergie und der starken Abhängigkeit von russischem Gas vor 2022 ist Deutschland anfällig für Preisschocks. Der Übergang zu alternativen Energiequellen hat sich als teuer und langsam erwiesen. Die Automobilindustrie leidet ebenfalls unter hohen Umstellungskosten auf Elektromobilität, während chinesische Konkurrenten Marktanteile gewinnen, berichtet Volkswagen.

Dominoeffekte und soziale Folgen

Die Insolvenzwelle löst Dominoeffekte in den Lieferketten aus und bedroht kleine und mittlere Unternehmen besonders stark. Bogaerts warnt vor großen Lücken in den Kassen der Zulieferfirmen, welche die Produktion stören könnten. Der Verlust sicherer und gut bezahlter Arbeitsplätze könnte die soziale Ungleichheit, besonders in industriellen Zentren wie Nordrhein-Westfalen, weiter verschärfen.

Rufe nach einem politischen Umdenken werden laut. Eine echte Wende in der Deindustrialisierungspolitik sei von der aktuellen Regierung jedoch nicht zu erwarten, die durch dieselben Parteien gestellt wird, die für die Missstände verantwortlich sind. Um Deutschland wirtschaftlich zu revitalisieren, bedarf es mehr als kurzfristige Lösungsansätze.

Weiterführende Informationen – Die Deutsche Industrieproduktion: anhaltender Rückgang

Schreibe einen Kommentar