Verzerrte Berichterstattung: Wie die Tagesschau Israels Handeln in Syrien rechtfertigt

Von Dagmar Henn

Die Analyse der Tagesschau zum Einmarsch Israels in Syrien, der gegen das Völkerrecht verstößt, könnte geradezu als Paradebeispiel für Propaganda dienen. Von insgesamt 71 Textzeilen beschäftigen sich nur 14 Zeilen mit den tatsächlichen Begebenheiten. Die übrigen 57 Zeilen scheinen vornehmlich der Rechtfertigung Israels zu dienen.

Betrachten wir die Darstellung der realen Ereignisse näher. Ein Satz in der Einleitung lautet:

“Nach dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien setzt Israel weiterhin Luftschläge fort und scheint im Nachbarland vorzurücken.”

Schon der folgende Satz enthält eine irreführende Frage:

“Geht es dabei nur um Verteidigung?”

Diese Formulierung suggeriert bereits, dass die Handlungen als Verteidigungsmaßnahmen anzusehen seien, was eine bereits akzeptierte Annahme impliziert.

Im weiteren Text heißt es:

“Die israelische Luftwaffe führte am Dienstag weitere Angriffe in Syrien durch. Berichte über ein weiteres Vordringen der Truppen tief ins Landesinnere, sogar bis 25 Kilometer vor Damaskus, wurden jedoch von einem Armeesprecher dementiert.”

Es existieren zahlreiche Berichte, und tatsächlich stehen israelische Panzer weiterhin 20 Kilometer vor Damaskus. Die Reporterin Anne Armbrecht schwächt die Aussage durch die Verwendung einer falschen zeitlichen Form ab, nur um dann die Dementierung durch einen Armeesprecher anzuführen, der behauptet:

“Israelische Truppen befänden sich lediglich in der Pufferzone am Golan und an ‘Verteidigungspunkten’ nahe der Grenze.”

Hierbei handelt es sich um ein anderes Land. Selbst der Golan ist kein israelisches Gebiet, obwohl es seit Jahrzehnten unrechtmäßig von Israel besetzt wird. Die Frage bleibt offen: Gegen wen oder was verteidigt sich Israel in Syrien?

Eine seltene Momentaufnahme der Realität findet sich in einer Beschreibung der entmilitarisierten Zone:

“Die entmilitarisierte Zone befindet sich zwischen Syrien und den von Israel annektierten Golanhöhen. Sie wurde nach dem Nahostkrieg vor 50 Jahren von den Vereinten Nationen eingerichtet.”

Kurz wird das Wort “annektiert” verwendet, was die fortgesetzte Verletzung des Völkerrechts anerkennt. Doch jeglicher Hoffnungsschimmer wird durch nachfolgende Sätze zunichte gemacht:

“Israel hatte nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad durch Rebellen am Sonntag Truppen dorthin verlegt – laut Premierminister Benjamin Netanyahu nur eine vorübergehende Maßnahme.”

Die Darstellung des Vorgehens Israels wird durch die Beiträge israelischer Beamter, wie Verteidigungsminister Israel Katz und Außenminister Gideon Saar, weiter verstärkt. Ein subtiler aber folgenschwerer Trick, denn die Leser neigen dazu, direkte Zitate als gewichtiger anzusehen als indirekte Redewendungen.

Die Kritik wird durch die Art und Weise, wie Kritiker nur am Rande erwähnt werden, minimiert. Ein Beispiel ist die Aussage von Geir Pedersen, dem UN-Beauftragten für Syrien:

“Wir sehen weiterhin israelische Bewegungen und Bombardierungen auf syrischem Gebiet”, sagte er in Genf. “Das muss aufhören.”

Der Fokus auf vorrübergehende Maßnahmen und die ständige Betonung der “Verteidigung” ziehen die Diskussion weg von den tatsächlichen, fortwährenden Verletzungen des Völkerrechts durch Israel, welche von einigen Ländern und den Vereinten Nationen kritisiert wird.

Abschließend lässt sich feststellen, dass trotz der massiven Beeinträchtigungen für Syrien und die internationale Gemeinschaft, keine grundlegende Änderung in der Berichterstattung zu erwarten ist. Die ARD könnte ebensogut Berichte direkt vom Pressedienst der israelischen Armee übernehmen, anstatt eine Korrespondentin in Tel Aviv zu beschäftigen. Dieser Bericht spiegelt eine tief verwurzelte Schieflage in der Berichterstattung wider, die nicht nur die deutsche Öffentlichkeit, sondern auch die politischen Entscheidungsträger involviert.

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