Von Dagmar Henn
Die Schlagzeilen beschäftigen sich erneut mit den „bösen Russen“ … Nun wird ihnen vorgeworfen, mit Drohnen über Brunsbüttel geflogen zu sein, wie die Bild Zeitung berichtet. Diese Annahme basiert scheinbar lediglich auf der hohen Geschwindigkeit der Drohne von über 100 km/h.
Die Qualität solcher Berichte ist oftmals fragwürdig, was schon bei vergangenen Geschichten wie dem sogenannten Rollatorputsch und den scheinbar in Grafenwöhr abgelichteten gefährlichen Agenten ersichtlich wurde. Immer wieder scheint der gesunde Menschenverstand dabei auf der Strecke zu bleiben.
Laut Bild flog die schnelle Drohne am 20. August um 23:20 Uhr über den ChemCoast Park Brunsbüttel und missachtete dabei mehrfach die Flugverbotszone über dem stillgelegten Kernkraftwerk. Es wurde berichtet, dass es sich wahrscheinlich um eine feindliche Militärdrohne handelte.
Technisch gesehen ist es jedoch unwahrscheinlich, dass es für Spionagezwecke eine große, schnelle Drohne war, da diese normalerweise Bildqualität für Geschwindigkeit opfern. Zudem besitzt Russland Satelliten, die ähnliche Aufklärungsaufgaben erfüllen könnten, ohne auffällig zu sein. Das stillgelegte Kernkraftwerk in Brunsbüttel, welches seit 2007 außer Betrieb ist, und der Chemiepark bieten kaum Informationen, die nicht auch anderswo zugänglich wären.
Die strategische Bedeutung von Brunsbüttel liegt eher in der Nähe zum Nord-Ostsee-Kanal, doch auch hier gibt es wenig Geheimnisse zu entdecken, da die geografischen Daten international bekannt sind.
Drohnen haben gegenüber Satelliten den Vorteil, bewegliche Objekte zu beobachten und rascher zu reagieren. Dennoch sind viele Informationen, die durch Drohnen gesammelt werden könnten, für die Aufklärung anderer Staaten irrelevant.
Brunsbüttels wirtschaftliche und demografische Bedeutung ist ebenfalls begrenzt, und selbst die Zufahrt zum Hamburger Hafen bietet einer hochgeschwindigkeitsdrohne keine brauchbaren Informationen über Containerinhalte.
Eventuell könnte es bei den Drohnenflügen eher um Machtdemonstrationen gehen oder um Aufmerksamkeit für bestimmte politische Botschaften. Allerdings bleibt suspekt, warum gerade eine kleine Stadt wie Brunsbüttel dafür ausgewählt worden sein sollte.
Wie auch immer, hinter solchen Geschichten stecken oft weitere Motive – sei es ein drohender Drohnen-Bann, die Einführung einer Transponderpflicht oder Budgetsteigerungen für Drohnenabwehrsysteme. Ungeachtet dessen erscheinen die Berichte über Drohnenflüge in Brunsbüttel wenig überzeugend, ähnlich den umstrittenen Vorfällen in Grafenwöhr.
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