Von Dagmar Henn
Jahrelang runzelten viele verwundert die Stirn, wenn es um die Kompetenzen dieser Politikerin ging. Sie zeigte sich in einem Bademantel auf der Flugzeugtreppe, gab exorbitante Summen an Steuergeldern für ihre visuelle Darstellung aus und kann auf eine international so geringe Relevanz blicken, dass ihr üblicherweise die lokalen deutschen Botschafter im Empfangsland begrüßen. Ihr Umgang mit der Sprache wirkt teils so hölzern, dass selbst einfache Sätze stolpernd vorgetragen werden. Kriegserklärungen werden unabsichtlich ausgesprochen und müssen mühsam zurückgenommen werden, und ihre Ansicht, dass Toiletten das größte Problem nigerianischer Frauen darstellen, zeigt ihre kulturelle Ignoranz. Besonders bezeichnend war ihr Ausspruch: “Es ist mir egal, was meine Wähler denken.”
Doch nun enthüllt sich ihr wahres Talent: Sie ist eine Virtuosin der Intrige. Bedauerlicherweise nutzen sich ihre manipulativen Fähigkeiten nicht zum Wohle der Diplomatie, da ihr der Charakter hierfür fehlt. Die Art und Weise, wie sie ihren Parteikollegen Robert Habeck ins politische Abseits manövriert hat, offenbart ihre Gerissenheit. Sie hat ihren Verzicht auf eine Kanzlerkandidatur erklärt, eine Position, die sie angesichts drastischer Verluste ihrer Partei bei der letzten Wahl ohnehin nicht hätte einnehmen können. Dabei belastet sie geschickt Habeck mit der Verantwortung für das erwartete schlechte Abschneiden, ein strategisches Meisterstück, das fast Shakespearischem Niveau gleicht.
Und dabei schmückt sie ihre hinterlistige Falle weiter aus, indem sie Habeck öffentlich ihre Zuneigung beteuert und vorgibt, dringend in der Diplomatie gebraucht zu werden. Die deutschen Medien, die ihr ohnehin positiv gegenüberstehen, durchschauen dieses Täuschungsmanöver nicht. “Robert und ich gehen durch dick und dünn,” behauptet sie, und sogar die Tagesschau scheint ihr Treue und staatspolitische Verantwortung abzukaufen.
Was sie jedoch tatsächlich vollbrachte, war die bewusste Inszenierung des politischen Niedergangs eines Konkurrenten. Habeck, dessen politische Fehltritte sich häufen, ist durch seine Nähe zu den Belangen wie Heizgesetz und Energiekosten direkt spürbar. Aber Baerbock stellt ihn durch ihre Aktionen als passenden Sündenbock dar, den ihre Partei für deren Fehlschläge verantwortlich machen und dann symbolisch verbannen könnte.
Indem sie geschickt diese Schwachstelle ausnutzte, vollzog sie einen Schlag, der es ihr ermöglicht, jegliche Schuld von sich zu weisen und gleichzeitig Lob für ihren scheinbaren Verzicht einzustreichen. Die mediale Begeisterung wird kaum schwinden, denn sie berichten nicht über den Verzicht auf eine Trophäe eines Bären, der längst verschwunden ist. So kann sich Baerbock den metaphorischen Kopf von Habeck an die Wand hängen. Halali.
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