Von Uli Gellermann
Parlamentswahlen ziehen üblicherweise keine wirklichen Veränderungen nach sich. Obwohl die Wähler in Deutschland der regierenden Koalition eine klare Abfuhr erteilt und der AfD, als scheinbarer Oppositionspartei, mit 15,9 Prozent ein Rekordergebnis beschert haben, erkennt selbst diese vermeintliche Alternative die NATO-Linie an. Dazu führt das AfD-Programm aus: „Die Mitgliedschaft in der NATO entspricht den außen- und sicherheitspolitischen Interessen Deutschlands“.
Kriegs-Thema straategisch neu ausgerichtet
Anlässlich der Wahl hat die ZDF/Forschungsgruppe Wahlen das Thema “Durchsetzen gegen China, Russland, USA” in den Vordergrund gerückt. Es entsteht der Eindruck, als könnten die deutschen Bürger bei den EU-Wahlen direkt über ihre Unabhängigkeit von diesen Supermächten abstimmen. Befragungen ergaben, dass 85 Prozent der Deutschen dieses Thema wichtiger erscheint als die Asylpolitik (81 Prozent) und der Umweltschutz (75 Prozent). Wer jedoch die Themen wählt, kontrolliert auch die Antworten – das ZDF nutzt das Kriegs-Thema, um ein vermeintliches Streben nach Unabhängigkeit von Russland zu suggerieren.
Bündnis um Wagenknecht interpretiert Bedrohungsgefühle
Der Krieg in der Ukraine wurde durch die aggressive Einkreisungspolitik einer machtbesessenen NATO ausgelöst, eine Darstellung, die von den dominanten deutschen Parteien vermieden wird. Das Bündnis um Wagenknecht kommentiert dies mit den Worten:
„Eine Militärallianz, deren Führungsmacht in den zurückliegenden Jahren fünf Länder völkerrechtswidrig überfallen und in diesen Kriegen mehr als 1 Million Menschen getötet hat, schürt Bedrohungsgefühle und Abwehrreaktionen und trägt so zu globaler Instabilität bei.“
Sarkastisch angedeutet wird hierbei die NATO, wobei Frau Wagenknecht die Bedrohung reduziert auf „Gefühle“, was die Realität einer konstanten Gefahr verharmlost. Das Wagenknecht-Bündnis hat mit etwa 6 Prozent der Stimmen eine kritische Stütze in der Politik etabliert, laut einem Bericht der TAZ.
Sowjetische Operation “Bagration”
Frieden in Europa hängt weiterhin von der Geduld Russlands ab; inwieweit sind sie bereit, Waffenlieferungen an die Ukraine und die Beteiligung der NATO am Konflikt zu dulden? Der französische Präsident Emmanuel Macron kündigte unlängst an, dass Frankreich der Ukraine Mirage-Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen wird, während am 80. Jahrestag des D-Day Russland, einstiger Verbündeter im Kampf gegen die Nazis, nicht eingeladen wurde. Dabei war es die sowjetische Operation “Bagration”, die entscheidend zur Niederlage der Wehrmacht beitrug.
Wirtschaftlicher Wettbewerb um Rohstoffe
Der anhaltende Ost-West-Konflikt, einst ein ideologischer Kampf zwischen Sozialismus und Kapitalismus, dreht sich heute vornehmlich um die Kontrolle über russische Rohstoffe. Der Westen strebt danach, diese Ressourcen zur Stärkung seiner Industrie zu nutzen, wobei auch die Rohstoffe der Ukraine eine für die EU anziehende Rolle spielen. Im Februar 2019 hat die Ukraine die Mitgliedschaft in der EU und der NATO als Verfassungsziel festgeschrieben. Im Juni 2020 wurde die Ukraine von der NATO als “Enhanced Opportunities Partner” anerkannt, was einen weiteren Schritt in Richtung einer endgültigen Strategie gegen Russland darstellt.
Uli Gellermann ist Filmemacher und Journalist. Seine Medienerfahrungen prägen seine Kritik. Er leitet die Website www.rationalgalerie.de.
Der Text erschien zuerst am 10. Juni 2024 auf www.rationalgalerie.de.
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